Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1709.11.30
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 44/10
Ausfertigungeigenhändig
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0001Durchleüchtiger Curfürst, mein herzallerlibster herr bruder 0002Ich hab woll vhrsach vmb vergebung zu bitten, 0003das ich so lang vnterlaßen, mein schuldigste danksagung 0004abzulegen vmb die überschikte vnschazbare ge- 0005dechtnuß von vnserer geliebsten fraw mutter, welche mihr, 0006obwollen das leid vernewert, doch ein trost darneben 0007geben vnd selbiges gleichfals bis in mein grab bey mihr 0008bleiben werden, due dero Liebden nochmahlen vnentligen dankh dauohr 0009erstatten. Dero Liebden, bitt ich, wollen kein cerimoni mit mihr 0010machen zu entschuldigen wegen nit eigenhendiger schreiben, 0011das gröste zeichen dero lieb ist, wan sie dero gesuntheit 0012vnd gelegenheit pflegen, als mit ihrer alten lieben trewen schwester ??0013Daß ich jezt nidt haben den trost haben kann, dero Liebden zu sehen, duet 0014mihr lindern die hoffnung, dero Liebden nach dem friden (so der libste gott 0015hoffentlich nach diser glükhligen eroberung Mons geben wirt)
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0016mit dero herzliebsten gemahlin zu sehen. Der inuiato von Guastalla 0017hatt mihr dero schreiben übergeben. Wie dißes ein justiz sach 0018ist vndt, glaub ich, beim reichshoffraht wirt müeßen 0019ausgemacht werden, also bin ich sicher, das mein sohn, 0020der Keiser Mayestät Liebden, allzeit gern die justiz administriren 0021wirt. Ich due heündt der schwegrin wegen der schönen heirat 0022zueschreiben, vnd wäre mein vnmaßgeblige meinung, 0023die sach beßer zu secretirn, das dero Liebden ihr jezt schreiben 0024könten, das ich dero Liebden dazu adhortirt habe, weil ich 0025es vernommen, vnd ihr die rationes woll zu 0026gemüett füren. Es ist iah ein schandt, ein solchen auan- 0027tagiösen heirat in Portugall auszuschlagen vnd dißen 0028eingehen (es bleibt halt beim bömischen kopf). Der 0029zustandt vnsers bruders, des Bischof, ist woll schmerzlich, 0030gott wolle es beßern, ist zu erwarten, was die cur 0031ausgeben wirt. Der Hamilton sagt mihr, der medicus 0032oder was er ist, versichert in 3 wochen, die werden schon balt 0033vohrbey sein, indeßen, glaubte ich, solle man ihm von allen 0034denen leütten subleuiren, die er nit gern sicht, das übrige 0035wirt sich hernacher geben. Wegen des Deütschmeister, so förcht
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0036ich, wan der Curfürst vohr sein vettern entestirt ist, wirt 0037nit vill pro nunc zu duen sein, vnd wär mein 0038meinung, nit in im zu dringen einen coadiutorn 0039zue begeren, wan er nit selber es verlangt. Indeßen 0040ist woll geschen, die residenz zu machen vnd gutte 0041freündt, doch ohne simonia, zu erhalten. Im übrigen 0042wißen dero Liebden selbsten woll, wie vill bey disen conjuncturen 0043dero Liebden, disen erzhaus vnd vnsern curhaus daran ligt, 0044den Curfürsten bey zu behalten, dan die bisdatige gutte 0045verstendtnus dero Liebden mitt ihm alles gutts gemacht 0046hatt. Dem Bischoff von Osnabrück ist ein freid, das dero Liebden hatt in 0047etwas dienen könen. Der mensch ist woll der Neükirchen, 0048ich bitt aber dero Liebden, wan er einige vntrew begangen 0049hette, mihr es in confidenz zu berichten, damit 0050den armen herrn warnen könte. Hette balt 0051das vohrmemste vergeßen, wegen des Großherzog Liebden 0052hab ich bis dahto in der materi niks gehört, 0053werd mich vnter der handt erkundigen, vndt können 0054dero Liebden versichert sein, das ich alls mögliche vohr in duen werde. 0055Gottlob, das entlich mitt Rohm auch die
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0056verhandlung zu ein gutten end mit der agnition meins sohns 0057kommen, so Monsignore Albani gebracht hatt, ich hoff, dieße 0058werde die besten effect duen. Er hatt gahr confident 0059mitt mir gerett. Was ich werd zu bestendiger 0060gutter intelligenz beydragen können, werd gewis nit 0061vnterlaßen. Ich aber lebe vnd sterbe 0062dero Liebden 0063getrewste schwester 0064Eleonora 0065Wien den 30ten octobris 1709 0066Bitte vmb vergebung, das so schentlich 0067geschriben, ist gahr schpaht, so hab geeilt. 0068Schick dero Liebden die copei davon, was an die schwegerin schreib, 0069gott gebs, das ein effet bring.
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0070Copia, was an mein schwegerin von Toscana schreib 0071Dg Lr. Die confidenz, so ewer Liebden iederzeit gegen 0072mich erwisen, gibt mihr anlaß gleichmäßigs gegen sie 0073zue erweisen, insonderheit innen vertraülich zu erinnern 0074was ich vernemme, das zu ihren nachdeil vnd dero 0075liebsten frewlein dochter gereichen möge. Kann inen also nit bergen, das 0076ich vernommen (zwar ohne selbigen glauben bey zumeßen, weilen mihr 0077dero generositet, verstandt vnd eifer zu conseruirung der 0078hocheit ihres standt vnd haus gahr zu woll bekant ist), 0079als solte sich iemand finden, welche heirat meiner 0080liebsten mamb, dero frewlein dochter, mitt einen Lewenstein oder selbigen 0081befreünden zu tractiren suechen, das ewer Liebden ihnen werden gehör 0082geben. Wie oben gemeldt werd ich nie glauben, inson- 0083derheit nach deme sie eine so vohrnemme vnd 0084auantagiose heirat als dah war der Prinz 0085Don Francisco aus Portugal ausgeschlagen ohne enge0086vhrsach. Dise Prinzeßin wirt noch genugsamme auan- 0087tagiose partien finden können zu decoro vnsers curhaus, 0088wahbey auch ewer Liebden alle satisfaction werden haben können,
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0089das gahr nit vonöten, auf ein solche prejudicirlige 0090vngeleicheit zu gedenken, welches an dißen hoff auch 0091gahr üble effect nach sich zihen wurden. Ich hoff, ewer 0092Liebden werden mihr nit übel nemen, das mein meinung 0093so offenherzich schreibe, vnd das sie von mihr glauben, das es 0094aus trewen gemüett vnd lieb herüre, mit den ich 0095gnädigst vhr