Ausfertigungeigenhändig

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0001Durchleüchtiger Curfürst, mein herzallerlibster herr bruder 0002Ich komme vohran vmb vergebung zu bitten 0003meines langen silentium, welches gahr nit 0004aus mangl meiner bestendigsten lieb, sondern 0005der zeit allein geschen, in dem ich ein zeit in 0006den closter retirirt war, dan immer balt geist, 0007balt weltlige occupationes geben. Gestern ist hier 0008auch die huldigung gewesen, welche gahr 0009woll vndt ohne einzige confusion abgangen, allein 0010das wetter hatt nit fauorisiren wollen, hatt 0011starkh geregendt. Indeßen wirt der reichshoffraht 0012Kirchler dero Liebden wegen Keißerswert vnd des sals informirt 0013haben, hoffe, sie werden damit zue friden sein vndt


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0014das in dißen übelaußenhenden conjuncturen es sich 0015nit woll andrest duen laßet. Wegen des Groß- 0016herzoch, so laset der Kaiser iezt die abrechnung machen, 0017hoffe, sol alles so eingericht werden, das ihr Liebden damit 0018werden können zuefriden sein. Der liebsten Königin in Schpanien 0019ihr brieflein hatt mich von herzen erfreüdt vndt bedrübt, 0020das erste einmahl wider ihr liebste schrifft zue sehen, 0021das andre wegen den bedrübten standt, in welchen sie sich 0022befindt. Dero Liebden können leicht erachten, das so woll der 0023Kaißer als ich niks mehr verlangen als nuhr ihr 0024helfen zue können vndt zu disen endt gewißlich 0025niks vnterlaßen werden. Ich traw mihr nit zue 0026schreiben, förcht, mocht ertapt werden vndt ihr mehr 0027schaden, wan aber dero Liebden ein sicher gelegenheit wißen, ihr 0028etwas zue zue brengen, bitte mihr es zu berichten, 0029werde also baldt schreiben. Schike dero Liebden herbey das liebe 0030brifel, bitte mihr es wider zurukh zu schiken. Meiner 0031dochter reiß hatt, wie dero Liebden schon wißen werden, müeßen ein-


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0032gesteldt werden, welches, obwollen es mihr sonsten ein 0033trost währ, auf dise weis bedrüeblich ist, weilen dadurch 0034die Kaißerin noch länger ausbleiben duet, an dero bal- 0035dig anherokonft alles gelegen ist. Hierbey überschike 0036auch dero Liebden ein schreiben, so ich vom Augschpurg bekommen, 0037dero Liebden werden wißen, was darinnen zue duen sein wirt 0038vndt was ich ihnen etwan antworten könte. Es ist woll sehr 0039bedrüeblich der continuirende zuestandt vnsers herrn brudren, 0040es hatt ihn der Doktor Hueber einmahl zimlich zurecht 0041gebracht, villeicht wan er luft enderte, etwan auf Neü- 0042burg, vnd man die leüt von ihm wekh dähte, die er 0043nit gern hatt, vndt ihm leüdt gäb, die er lieb hatt, so 0044möchte er sich ehender erholen, gott wolle es gnädig verleyen. 0045Hirbey kombt ingleichen, was man mihr aus Italien schreibt 0046wegen einer fondation, so vnser herr vatter sehliger andenken 0047auf des Mochi sehligen bitt aldorten gemacht vohr die 0048sehlen deren, so aus vnsern curhaus gestorben, also hab es 0049dero Liebden überschiken wollen, das sie etwan das nötige dorüber 0050anbefehlen werden, was sie gut finden werden, dann die fondationes 0051ist hart, wan mans vnterlaßet. Leztlich seint 2 memo-


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0052sambt zwey beylagen0053memorialen, eins vom Saint Giulian, welcher iezt Obrist Falkenmeister, 0054sein bruder ist pro justitia, hat mich gebetten die beschleünigung zue 0055reccommendiren, das andre von einer von Steinkallenfels, aus 0056welchen dero Liebden ersehn werden, wie es ihr er gangen vndt sie ihr in 0057etwas helfen können, weil sie ist catolisch worden. Ich due 0058dero Liebden gahr zu vill vngelegenheit mit allen den sachen machen, habs 0059innen nit abschlagen können. Dero Liebden werden dannach duen, was dero 0060convenienz ist, ich aber werde leben vnd sterben 0061dero Liebden 0062getreweste schwester 0063Eleonora 0064Wien den 12ten novembris 1712 0065Empfange dero libsts schreiben vom 2ten diß, werde 0066es nit vnterlaßen den Kaißer vohrzudragen, zweifle gahr 0067nit, das er gleich die verlangte erlaubnus über- 0068schiken werde. Bitte gott vndt wüntsche herzinniklich, 0069das alles zue allerseits satisfaction vndt vnser 0070cuhrhaus aufnahm gereichen möge. 0071Jezt gleich schikt mihr ein portugeßer ein brif, als solt mein 0072Maria Anna einen sohn bekohmen haben, glaubs aber noch nit 0073recht, daht ihrs woll gönnen.


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