Ausfertigungeigenhändig

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000124 januarii 17150002Durchleüchtigster Curfürst, mein herzliebster herr brueder 0003Mitt der gelegenheit dißes courir hab nit vnterlaßen wollen, 0004dero Liebden meine wehnige meinung beyzueruken. Ich zweifle nit, es 0005werde dero Liebden etwas befrembden, das abermahl dißes schreiben vom 0006Kaißer an dieselbe ablaufet, die volziegung des fridens 0007mit einraumung der Obern Pfalz am Cuhr Beyren zue 0008befördern, ohne auf dero leztere gedahne weitläufige 0009vohrstellung darneben zue beantworten. Ich kan dero Liebden versichern, das 0010der Kaißer, mein geliebster sohn, die bestendige lib, so er iedrzeit gegen 0011dero Liebden gehegen, bestendich vortsezet vndt seine erkantnus 0012vohr alles, was dero Liebden gegen dißes haus erzeiget haben. 0013Sie haben die sach nochmahlen vberlegen lasen, vndt wirt 0014mitt nechsten einige antwort erfolgen, so ich nit zweifle,


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0015dass sie zue dero Liebden trost gereichen wirt. Ich glaube auch, das dazu vill beydragen 0016werde, wan dero Liebden sich iezt wilfärich erzeigen vnd dasienige, was der 0017Kaißer, mein geliebster sohn Mayestät, in seinen schreiben an selbige gesinnen, ohne weiteren anstand0018volzihen wurden, sich verners auf des Kaißer lieb vnd großmüttichkeit 0019vertrawent, welcher dardurch noch mehr zue erkantlichkeit gegen 0020dero Liebden wirt angefrischet werden. Habe auch empfangen, was dero Liebden 0021mihr vberschiket von meiner schwester von Parma, die heirat 0022mitt Modena betreffendt. Ich mues bekennen, das mihr 0023die antwort nicht allerdings gefalt, dan das sie so 0024ein vbergroßes heiratgutt verlangen, ist nuhr ein ausred, 0025dan ich nit weis, woh sie selbiges wurden finden können, 0026in dem in ganzen Reich noch in Walschlandt keine solche 0027Prinzeßen vohrhanden, die so großes heiratgutt mittbringen könte. 0028Vnser schwagrin gibt ihr dochter kein walischen, vndt wan sies 0029auch gab, hatts nit im sinn, ihr izt vill zu geben, wie 0030sie es clar vnser schwester Lischen geschriben, welche ihr des Landgraven 0031Pfilip sein sohn vohrgeschlagen. Des Prinz Jacob seine dochter werden 0032auch kein große sach sein, vndt was sie auch haben mochten, 0033werdens so balt nit bekommen, indem deils besteht


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0034in verkaufung der gütter, deils in des Prinz Alexander erbschafft, welche 0035meistens in Frankhreich vndt vnrichtig ist. Also seh ich nit, 0036wah sie so vill hoffen können, es wäre dan, das sie, was geschen, 0037durch ein größeres vermehren wolten vndt auf die Duchesse de 0038Berry gedächten, dadurch mit dem mit hiesigen hoff alle freüntschafft, 0039vertrawen vndt einmütichkeit abgeschnitten auf ewich werde 0040sein. Hingegen würde diße heirat mit Modena mit allen zue beder 0041haüßer nuzen vndt vmb alle zweschpalt zwischen ihnen 0042aufzueheben, sondren auch das einzige mittel sein, mitt 0043hirsigen hauß wider in vohrigen vertraülichkeit vndt einikeit 0044zue kommen. Ich glaube auch nit, das der Herzog von Modena 0045seine dochter gahr ohne heirat gutt werde laßen, sondren werde, 0046wie es in selbigen haus gebraüchlich, sie abfertigen, doch 0047will ich mich über dißes erkundigen, wäre auch gutt, wan 0048man wißen könte, was vohr ein apanaggio der Herzoch 0049von Parma sein brudren gedenkt zue geben. Auch kann 0050ich dero Liebden in vertrawen nit bergen, das gutte hoffnung hette, 0051die heirat mit dem Erbprinz von Modena vndt vnserer 0052mam Casimira zue stifften, wan ich dise mit Parma richten


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0053könte. Dis schreib aber inhochsten vertrawen vndt bitte niemandt, 0054weder keinnen von vnsern schwestern, zue offenbarn. Ich förcht, 0055zue Parma habens kein lust, vndt sey dis nuhr ein kale 0056ausred, wirt aber hier niks gutts auswürken. Dero Liebden werden 0057ein gutts werkh duen, wan sie es werden richten konnen. Der courir 0058eilt wekh, also muß ich wider mein willen enden, mich in dero 0059wertezte, bishero allzeit verschpurte lieb vnd gedechtnus 0060befehlen, die ich leben vndt sterben werde 0061dero Liebden 0062getrewste schwester 0063Eleonora 0064Wien den 24ten jenner 1715 0065Komme auch, dero Liebden dises bey gescholßen0066von carmellittrinen bestens zu reccommendiren, weilen mihr 0067ohne dem bekandt, das dero Liebden zu heiligen vnd gutten werken geneicht sein.