Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1701.03.30
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 44/8
Ausfertigungeigenhändig
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0001Durchleüchtiger Curfürst, mein herzallerliebster herr bruder 0002Vberschikh hirbey, wie sehr ihr Durchlaucht, vnser geliebste fraw mutter, 00031in mich dringen wegen der Mutter Anna Magdalena . Ich hab aber 0004geantwort, sie hab sich resoluirt in ein ander 0005closter vnd hab sies auch machen schreiben vnd 0006schreib, das es ein schlechter vocation der fondation 0007mus sein, wan sies wegen eines menschen wollen vnterlaßen. 0008Ich werd woll sehr einbüßen, dero Liebden müßen mich hernach 0009wider helfen einbettlen. Ich wüntzt, das dero Liebden mein 0010brif hetten leßen könen, hab nit zeit gehabt ihn abzu 0011schreiben, sonst hetts dero Liebden geschikt. Dero Liebden werden auch ersehn,
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0012wie scharf der Oficial zu Augschpurg an die hiesige 0013würdige muter schreibt vndt drohet. Ich bin aber nit 0014so schrekhafft, hab ihm laßen antworten, das hoff, sie 0015werden sich eins beßern bedenken, sonst wurd ich auch 0016gezwungen werden zu einer höhern obrickeit nach Rohm 0017zue recourirn, weil ohne dem als mit des Nunti 0018vohrwißen geschen, ich wurde mit nechsten dem Bischoff 0019schreiben vndt das closter benenen, wohin man sie 0020werde schiken, welcher mihr sein consens schon dazu ver- 0021schprochen hab. Also bitt dero Liebden vmb gotteßwillen, sie machen 0022doch balt, das man weis, ob sie sie zu Cöllen oder 0023Achen oder Antorf wollen anemmen, so schik sie gleich 0024fort. Sie verlangt selbst balt zu gehen, aber 0025so kans nit bleiben vnd wirt es alzeit schweher 0026werden. Ich bitt kein zeit zu verliren, sie ist izt woll 0027disponirt, bitt, dero Liebden wollens auch in das closter, woh 0028sie hin kommen soll, woll reccomendiren, das sie 0029woll gehalten wirt. Beklag sehr, das ir Durchlaucht mama 0030Beichtuatter gestorben, sie schreibt mihr, sie hab schon
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0031ein andren, der ihres Beichtuatter sehr gutter freündt 0032war, will hoffen, es sey auch ein jesuiter. Hierbey 0033vberschik auch, was vnser fraw schwester, die Herzogin zu 0034Parma, mihr schreibt vnd verlangt, dero Liebden vnd ich 0035sollen ihr ein beicht uatter vohrschlagen, bitt baltist 0036vmb ein antwort. In den haubt materi hett vil 0037zu schreiben, ist vnmöglich mehr zeit, mit nechsten 0038wirts gehen. Wüntsch dero Liebden glückh und frieden. Ich hab 0039ein liben gast hir, schwester Lischen ist schon sehr dik, 0040der Konig in Polen tractirt sie sehr übl, nimbt 0041ihn alles wekh, sonst gehts ihr izt gutt, er 0042duet ihr sehr schön. Bitt mich bey meiner fraw schwägerin zu 0043entschulgdigen, mit nechsten werd als herein bringen. Befehl 0044mich dero Liebden vnd werde sterben 0045dero Liebden 0046getrewste schwester 0047Eleonora 0048Wien den 30ten merz 1701 0049Bitt nochmahlen balt ein antwort, wohin die Mutter Anna Magdalena 0050zu schiken hab.