Ausfertigungeigenhändig

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0001Durchleüchtiger Curfürst, mein herzallerlibster herr bruder 0002Es wehre mein schuldichkeit gewest, ender auf dero 0003liebste schreiben vom lezten octobris, 10ten, 14ten, 21ten novembris vnd 10ten passato 0004ender zu antworten. Eins deils aber hab ich aufgehalten 0005in meinung, das daglich ein courir werd expedirt, 0006oder villeicht der Wißer selber abreisen, anders auch 0007die heilige zeit, welche deils durch die gewohnlige andachten, 0008dan auch die so woll schrifft als müntlige complimenten 0009occupirt geweßen, mich daran verhindert, also komme, 0010es hirmit abzuelegen. Erstligen die hanouersche cursach 0011betreffendt, werd ich nit vnterlaßen, dem Deütschmeister 0012in conformitet deßen, was dero Liebden ihm herschreiben, die sach 0013eifrigst zu reccomendiren, hoffentlich er auch darin 0014condescendiren wirt. Sodann komme auch, mich gegen 0015dero Liebden auf das inigliste zu bedanken, das sie dero troupen 0016in Italien verwilligt vnd so schleunigst haben ab- 0017marchiren laßen, welches der sachen dorten ein andren piego


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0018wirt machen nemmen vnd sie dadurch nit wehnig helfen, 0019meinen sohn zue seiner monarchia zu helfen, welchs 0020von vnsern ganzen haus mihr schuldig seindt dankhbahr 0021zue erkennen. Die gutten zeitungen continuiren noch, das 0022Vanlenza vnd Saragoza sich auch solten ergeben haben, von 0023mein sohn selbsten hab ich aber sider der eroberung Barcelona 0024keine brif, laß also alles in suspenso, biß ich von ihm die 0025confirmation verners bekommen werde. Sein heirat betreffent, 0026so bin ich dero Liebden höchst obligirt vohr dero sorchfalt vndt werde 0027allezeit verners in dißen wie in allen andren mein einzige 0028confidenz in dero Liebden sezen. Also berichte dero Liebden, das in den leztern 0029schreiben von mein sohen, welchen ich vngefähr zerißen, welchs 0030mihr sehr leidt ist, dan ich ihn dero Liebden geschikt hette, dise 0031formatien stehen: Ewer Mayestät werden mihr hoffentlich nit vngnedig 0032nemmen, das ich mich nit also gleich wegen der vohrge- 0033schlagen heirat der Prinzeßin von Wolfenbüttel resoluire. 0034Ich mueß bekennen, das das vnuerhoffte end mit der 0035Prinzessin von Anschpach mihr etwaß zu herzen gangen vnd 0036mihr etwas schwehr fallet, mich also gleich auf eine ander 0037zu resoluiren, in sonderheit, dah mihr nuhr eine vohrge- 0038schlagen wirt. Geschehe mihr also woll die gröste gnad, 0039wan ewer Mayestät von mehrern Prinzeßinen mihr wolten 0040conterfait vndt relationen schiken, darauf ich mich


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0041sodann resoluiren könte, vndt wehre woll höchst zu wüntschen, 0042das man ein catolische finden könte, soallen andren vohrzue 0043zihen wehre. Dis schreibt er an mich, an den Keiser 0044schreibt er eben dis, aber mit dißen zuesaz: Es werden 0045iah hoffentlich mehr als ein Prinzessin in Deutschlandt sein 0046die man considerirn könte. Solte aber iah in ganz Deütsch- 0047landt sich gahr keine als dise finden, so wurde er 0048dise allen vohrzihen, dan er absolute ke0049in walsche noch französ0050in wolle. Also bleibt der Keiser mit mit 0051mihr annoch diser meinung, vom meinen sohn in disen 0052zu contentiren, das man auch zu andren schiken solle, 0053nuhr relationes vnd conterfait zu bekommen, es 0054könne also in geheim geschen. Von hier vermeinten 0055ihr Mayestät deren Doctor Hertot zu schiken, von dero Liebden villeicht auch, 0056wan sie sonst ein vertraute person finden könten, wan 0057dero Liebden auch den Doktor Brud Bruner, den Douuen vndt noch ein 0058vertraute person, deren dero Liebden woll sicher sein wollen, mit 0059schiken, wurde es vns überaus lieb sein, vndt kan 0060durch dises keiner kein torto geschen, vill wehniger, 0061alls wan man nuhr zu einer schikt, dann wan es 0062nuhr eine ist vndt niks draus wirt, so werden sie 0063vnd mein sohn prostituirt, wie es mit diser auch gangen.


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0064Wan es aber mehr sein, so geschiht keiner kein torto, dan 0065man weiß woll, das er nit mehr als eine heiraten kann, 0066vndt hatt es mein Keiser sehliger auch so vohr gut gehalten, 0067wie er selbst geheirat, hatt den Beker sehligen an ville 0068höff geschikt, wie er mich vnglükhsehlige erwehlet 0069hatt, mit diesen ist keiner von den andren ein torto 0070geschen, vnd sich keine zu beklagen gehabt. ebes Eben dise 0071können auch widrumb auf Wolfenbüttel gehen, damit 0072man einmahl ein rechts conterfait von ihr hab, dan 0073dise, die dah sein, sacht der Vrbich selbsten, sehen ihr 0074nit gleich, vnd sehen auch die konterfait einander 0075nit gleich, so kann man auch sehen, wie sie in 0076der zeit zugenommen vnd was man vohr ver- 0077enderung zue ihren auantage oder desauantage an 0078ihr findet. Ich mueß auch dero Liebden gestehen, das ich mich 0079verwunder, das dero Liebden so gahr nit reflectiren auff vnsere 0080eigne bäsche, von der von Parma will ich niks sachen, 0081aber die andren zwey, insonderheit bruder Carl sein, 0082die nuhr kaumb ein iahr iünger ist, schön vndt 0083woll gewaksen. Es ist, wie ich hör, es ist der Deütsch 0084Meister vnd mein fraw schwegrin übel auf, vnter disen 0085pretext wolt ich den Hertot hin schiken, sie zu sehen.


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0086Mein bruder hatt mihr auch verschprochen, eh er sie in 0087Tirol fürt, sie her zu bringen, aber vnterdeßen wehr es doch nit 0088übel, wan sie iemant sehe. Wan dero Liebden den Douen vnd Doctor vnd 0089wen sie wollen möchten hin schiken, könten mit diser occasion 0090die in Böhmen, des Pfilip Wilhelm sehligen seine, auch sehen vnd 0091so dan gleich ein tour machen, auf Wolfenbüttel Darm- 0092statt, Wolfenbüttel, Scheidts (woh mihr zwar der Bischof von Rahb 0093noch schlechte hoffnung gibt). Ich weis nit, ob niks zu Suls- 0094bach vnd Wirtenberg ist, oder woh dero Liebden noch vermeinen, dass man0095könte hinn gehen. Ich will den Hertot hir noch aufhalten, 0096bis ein antwort von dero Liebden bekomme, wie woll der 0097Deütschmeister vnd mein schwagrin ihn wegen ihrer gesuntheit 0098dorten gern seheten vndt es auch höchst nötig wehr, dan 0099sie in einen solchen schlechten standt mit ihren abgeschmachten 0100waks eßen, das man gahr alle hoffnung der sucession 0101benemmen will, welches ein sach von der hochsten im- 0102portanz vnd woll drauf zu reflectiren ist. Bitte 0103also dero Liebden vmb schleünigste antwort, damit ich so 0104dan den Hertott vortt schiken könne, dan ich niks ohne 0105dero Liebden vohrwißen, weil mein sohn schon einmahl das vertrawen 0106auf sie gesezt hatt, duen wolte. Die romanische sach 0107betreffendt, so ist die sachen in disen, das man iezt erwart,


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0108die vollmacht von Rohm an den Nuntio in dißer sach 0109zu tractiren, alsdan wirt man hiesiger seiten auch iemant 0110dazu deputiren vndt hoffentlich die sach zu einen 0111gutten endt brengen. Vndt ist es woll das beste, wan 0112es zwischen ihnen selbst verglichen wirt, weil sich der König in Polen 0113schon hatt sollen ein mahl drein mischen. Wan man iezt dero Liebden nehme, 0114gab es dorten einen verschmach, also ists beßer, das 0115es auf dise weis geschee. Wan dero Liebden was können cooperirn, 0116das die vollmacht balt heraus geschikt werde, ohne 0117welche man nit tractirn kan, dan es sonst nuhr ein 0118lahres discouriren wehre, so hoff ich, werde es gahr 0119balt geschlichtet werden, welches ich von grundt meins 0120herzen wüntsche, amen. Den Clairmont betreffendt, 0121hab ich noch nit ausfürlich mit mein sohn reden können, 0122ob er ihn in Holandt wirt wollen schiken, weis ich nit, dan 0123er dort vohr etwas hizich gehalten wirt vnd man mit 0124den oomogendende herren sehr gelimpflich, in sonderheit 0125in dißen coniuncturen, vmb gehen mueß vndt man sich 0126auch wirt erst erkundigen müeßen, ob er dorten angenehm 0127wurde sein, dan das schprichwort heist Si vis mittere, 0128mitte gratum. Werde mich aber schon weiters erkundigen 0129vndt dero Liebden von allem nachricht geben. Wegen Münster


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0130bitte ich dero Liebden, vmb gottes willen den Deütschmeister nit 0131mitt mehren geistligen beneficiis zu beladen, dan er 0132ohne dis an dise so anklept, das wan es nötig 0133wirt sein, man ihn hart zu einer resolution brengen 0134wirt, wie ich woll gemerkt, wie er hir war vnd 0135ich nuhr von weitem gef geret vnd bedaurt, das 0136bruder Carl gemahlen so übel vndt kein succession zu hoffen, 0137so hatt er mihr alles ganz weit geworfen vndt gesteht, 0138er wolt mit ehsten prister werden, welches man auf keine 0139weis mues zuelaßen. Solt man ihm noch dis 0140bischtumb geben, währ gahr kein moglichkeit mehr, 0141etwas aus zurichten. Ich bitt, dero Liebden reflectirn, wie vnser 0142haus steht vndt was das vohr ein elendt der 0143ganzen christenheit wehre, wan die sucession ermanglen 0144solte. Ich werd in dise materi einmahl weit- 0145leüfiger mihr die freiheit nemmen, dero Liebden meine 0146wehnigen gedanken zu eröffnen, bitt nuhr, in deßen 0147wegen Münster nit zu gedenken vnd dem Bischoff 0148von Oßnabrukh mit allen krefften zu helffen. Ich 0149hör, es soll der mensch, den er bey sich hatt, der Zem, 0150der lapis offensionis sein, wan das wehr vndt 0151man ihm es mit fondament versichren könte, würde 0152man schon sehen, wie man ihn von ihm brachte vnd etwan,


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0153wan dero Liebden ein gutts daugligs subiectum wusten, wolt 0154sehen ihn zu ihm zu bringen. Erwart deren gutten raht, 0155dan ich gilt etwas bey ihm, er wurd mihr vnd dem 0156Keiser volgen, was mihr ihm rahten werden. Leztligen 0157ist zwar eins deils gutt der vergleich mit Preüßen 0158der religion halber, wie woll es zue wüntschen wehr, das er 0159nit wider newe pretensiones in fauor der achts 0160erklerung, wan die andren sachen werden auf das tapi 0161kommen, machen wirt, es steht zu gewarten. Bitte in 0162deßen dero Liebden, sich mit ihm nit weiter einzulaßen, noch 0163wehniger auf die erbverbrüderung, dah man von rett, die dero Liebden 0164höchst schädlich wehre vndt dero Liebden nuhr würden bedrogen werden, 0165in summa, in niks ohne vohrwisen meins sohns, welcher 0166hoffentlich in der acht sach iezt balt ein dero Liebden 0167wollgefallige resolution nemmen wirt, zu nemmen, 0168damit alles in bestendiger bester harmonia 0169continuiren möge. Wegen des Nunti von Collen, wan ein 0170anderer solte her kommen, will ich ihn nit vnterlaßen, 0171mein sohn denKeiser zu reccommendiren. So ist auch der arme 0172Hohenfelt, welcher iezt mein Guardi Haubtmann ist vndt 0173mein iunge freile Götzin geheirat hatt, sehr bedrübt 0174wegen seins sohns vndt vermeint, ob nit mit occassion,


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0175das er izt geheitat vnd gern ein richtichkeit in seinen 0176sachen mit seinen kindern machen wolte, den sohn könte 0177heraus bekommen. Man müst nuhr sagen, er begert 0178in nuhr auf ein zeit, so könt man dan schon weiter 0179schauen, oder ob dero Liebden mihr könten ein anschlach geben, 0180wie mihr den menschen bekommen könten. Sodan auch 0181ein gewißer Beseri oder wie er heist, der dero Liebden von mihr ein 0182reccomendation schreiben bringen wirt, hatt mich auch so sehr 0183gebetten, ihn auch eigenhendig zu reccomendiren, welches ihm 0184nit abschlagen wollen, dero Liebden werden schon wißen dero conuenienz. 0185Leztlich dan auch die Verkh oder jezt Ferenz hatt mich 0186wider gebetten, ihr recht dero Liebden zue reccomendirn, das 0187es ein mahl möchte zum ende kommen. Dero Liebden 0188vergeben mihr, das ich sie so importunire, kan 0189es halt den leüten nit abschlagen vnd ken dero Liebden gütte, 0190das sie mihrs nit übel nemmen werden. Due 0191mich in dero affection befehlen, die ich leben vnd 0192sterben werde 0193dero Liebden 0194getrewste schwester 0195Eleonora 0196Wien den 3ten februarij 1706 0197Das wohzu angehen- 0198gend 0199Ich bitt vmb vergebung, das ich mein schuldigste dankhsagung wegen des 0200wuntsch zu mein geburzdag vergeßen abzulechen, einer bedrübten wittib kan 0201man was verzeien.


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0256Postscriptum Auch empfange mich ein dero schreiben ohne datum 0257von wegen des Fukers. Izt werden die tirolischen sachen 0258in anweßenheit des Bruder Carls aus gemacht, so 0259werde mit nechstem dero Liebden die entlige resolution 0260überschreiben können. Den brif, so dero Liebden an mein brudern 0261geschriben, das sie zuefriden wahren, dem Keiser vndt 0262ihm zu lieb den Fuker zu laßen, hatt die sach 0263einwehnig steken machen, so vohr schier schon resoluirt 0264wahr, iezt wirts aber balt herauß kommen. 0265Postscriptum Jezt hab ich auch empfangen dero Liebden mihr alzeit liebes schreiben vom 25ten 0266passato, in welchen ich zwar einen liebreichen, iedoch vnuerdienten 0267fils bekommen, vndt wan eseinen erlaubt wär, herb zu sein, 0268wurd ichs woll ein wehnig über den gutten Vrbich sein, welcher 0269dise abgeschmachte zeitung von abschikung des Horns auf 0270einen bloßen vngegrünten per don die vnwarhafften argwohn auf 0271gebracht hatt, dan eben die Fürst Antonin ist mihr mit diser 0272zeitung kommen vndt hat mich gefragt, obs war sey, so hab 0273ich sie gefragt, ob der Horn hier sey oder nicht, dan ich dero Liebden versichern 0274kan, vnd ich hoff disen credit bey dero Liebden zu haben, das sie meinen 0275worten glauben, dan ich eh sterben wolt als wißentlich ein 0276vnwarheit sagen, das ich nit einmahl gewust, das er von hier 0277wekh ist, wehniger die vhrsach, noch keine von disen personen, so 0278dero Liebden genennet haben, haben mit mihr ihr lebtag etwas von dißer 0279proposition gerett. Hoffe also, nit vnuerschuldt von dero Liebden, die noch


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0280all mein trost in allen meinen bedrüebnußen seindt, gestrafft oder 0281beschuldicht zu werden in einer sach, dah ich woll vnschuldich bin, 0282wie dero Liebden erkenen könen, das ich gahr den Hertot nit ohne dero 0283vohrwisen auf Preßlaw hab schiken wollen, vnd solt ihnen 0284etwas solches verschweigen. Auch wehre es vngereimbt, wan 0285iah iemandt dort hin hett schiken wollen, den Horn dazue 0286auszuerwehlen, der dorten sebst bedient vndt verpflicht 0287ist. Was ich aber sonst von mein sohn vndt seinen sentimens 0288vndt was auch des Keisers, mein liebsten sohns, vnd meine meinung, 0289dazu bezie ich mich auf mein schreiben. Bitte mich in dero mihr 0290wertisten affection zu erhalten, die verbleib vt in litteris. 0291Auch hab ich vergeßen, dero Liebden in mein brif zu berichten, das der Vrbich 0292ein brif hatt geben von dem medico des Herzogen von Wolfenbüttel, welcher meldt, das 0293man der Prinzessin was braucht, welches ich, wie gelindt es auch sey, 0294gahr vohr übel halte vndt mich dises vill reflectiren macht. 0295Mit disen verdirbt man die natur, so man selbst 0296mus operiren laßen. Auch ist die Strattmanin aus Polen komen 0297vndt über Preßlaw, kan mihr das kindt nit genug 0298loben, wie herzich, wollgezogen, woll gewaksen vndt 0299spiritos sie sey. Bitt doch darauf zu reflectirn 0300vnd zu glauben, das ich alles dero Liebden raht defferiren mein lebtag werd, 0301doch in dißen allein bitt woll zu bedenken, dise ist cattolisch vnd 0302vnser haus, wer sich bekert nuhr vmb ein kron ist das motium 0303nit zum besten.


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0304Wegens Rogier hab schir vergeßen, es wirt woll aus allen 0305niks werden. Ich hab die Curfirsten, weil dero Liebden schreiben, das sies mit 0306ihr machen werden, gefragt, wies abgangen ist. 0307Den Amerighi, so das memorial herbey kombt, reccomendir 0308auch, ich mein es wehr auch ein dinst vohr mein sohn, 0309den König in Schpanien, wan er es erlangete.