Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1706.12.10
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 45/7
Ausfertigungeigenhändig
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0001Durchleüchtiger Curfürst, mein herzallerlibster herr bruder 0002Dero libs schreiben mitt dem courir hab ich woll empfangen, 0003woraus ich mit freüden ersehe den continuirenden eifer, so 0004dero Liebden dragen in der wolfenbuttelischen sach. Ich bin überaus conso- 0005liert, das die Prinzessin mit solcher atention die information vnsers 0006glauben annemen duet, bitte gott vndt hoffe, dauon den 0007erwüntschen effect vndt das die propositions, so mihr 0008dero Liebden berichten, das von Schweden geschen könten oder wurden, solche gutte 0009intention nit verhindern möchte, zuuodrist diße so edle 0010vndt liebste dugentlige sehl, welche der rat vndt alle, 0011die sie nuhr gesehen, nit genuechsam loben können, 0012zu gewinnen. So dann auch, weil ich gutte dispositiones 0013in mein sohn sehe vndt hoffe, wan die relationes werden 0014hinein kommen, insonderheit wan die sach dahin könte 0015eingericht werden, das sie heimlich vnser religion
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0016anemmete vndt ich mein sohn deßen gleichfals in höchster 0017geheim versicheren kunte, so wer ich der festen hoffnung, auf 0018das eheste die erwünschte resolution zu erhalten. Entlich 0019hab ich ein mahl ein schreiben von ihm bekommen, worinnen 0020er mihr dise eigene wort schreibet (Was Wolfenbüttel 0021anbelangt, erwarte mit verlangen des Hertots relation 0022vndt absonderlig den punct der religion, welcher in 0023dißen landen sehr häcklich ist, vndt wehre zu wüntschen, 0024das er gewonnen were, ehe man offendtlich von der heirat 0025redete, in übrigen selbst wüntsche, das das werkh nuhr 0026balt zu einem schluß komme). Bis daher seine wort, 0027waraus ich mihr hoffnung mache, das, wan ich ihm disen punct 0028versichern kunte, die resolution gleich erfolgen wurde. Bitte, 0029dero Liebden wollen dißes also menagiren, damit das, wan wider 0030alles verhoffen die Prinzessin nit wolte sich dazu bequemen, 0031mein sohn nicht zum andren mahl prostituirt wurde, wie 0032es mit der von Anschpach geschehen. Hoffe aber balt ein er- 0033wüntschte antwort, due auch dem Pater heruber schreiben, 0034werde indeßen gott instendig bitten, sein gnad dazue zu 0035verleyen, dammit alles zum erwunschten end kommen möge, 0036amen.
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0037Die münstrische sach betreffendt, so steht freilig iezt die sach an dem, 0038waß der Papst decidiren wirt, vndt leb ich der ganzligen hoffen 0039in deßen equaminitet vndt erhaltung selbsteigner autoritet, das 0040ein erwünste resolution erfolgen werde. Ich hab zwar, in dem 0041mihr dero Liebden große sinceritet vndt bestendichkeit bekant, das was sie ein- 0042mahl dem Keißer, Bischoff von Osnabrukh vndt vns allen verschprochen, 0043ihme zu diser zu helfen, nihe in zweifel gezogen, als ob sie einige 0044befehl anden Fedl in contrarium gedahn haben solten, allein weilen 0045nuhr gahr zu gewiß ist, daß gedachter Fedl gahr starkh 0046darwider vndt vohr die gegenpartei negotiret hatt vndt auch 0047dero Liebden nahmen spendirt, so hab ich es dero Liebden zu dem ende erinnern 0048wollen, damit sie ihme solches scharf verweißen vndt 0049anbefehlen wollen, sich nit zue vnterstehen, etwas dergleichen 0050ohne dero befehl zu negotiren, vndt wan iah dero Liebden bedenken 0051hetten, directe vndt offentlich das werkh vohr den Bischoffen von 0052Osnabrukh zu Rohm zu poussiren, wehnigst ihne scharf 0053verbieten, nichts darwider zu duen oder die gegenparti 0054zu poussiren. Ich bekenn aber, das mich sehr verwundert, 0055das, in dem dero Liebden allzeit so großen eiffer gezeicht vohr 0056die freyheit des Reichs, sie in disem, woh die große gefahr, 0057die auswendige potentien ein zu füren in allem in 0058Reich, so gahr in denen geistligen capittulen, leges vfgericht,
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0059sie nit mitt allem eifer solches suechen zu verhindern, des Keisers autori- 0060tet vndt des Reichs libertet zu schuzen, dann geht innen diser streich an, 0061werden sie dispotice in allem disponiren, alle bischoff machen vndt 0062woll auch dero Liebden interesse in der cursach schwehr machen, jah gahr mit 0063der zeit in die römisch könig oder keiserlige wahl gleichfals die handt 0064legen. Dis ist ein weitaußehende sach, darauf dero Liebden woll, bitte 0065ich, refflectiren wollen, man mueß zwar, so vill ohne disen großen 0066prejudiz sein kan, sie beybehalten, aber alles mit größer cautela. 0067Ich zweifel zwar nit, dero Liebden werden alle dise refflectiones, alsie 0068selbst so erleücht, genuchsamb gemacht haben vnd erkennen, mihr 0069aber nit übel nemmen, das ich auch solches aus eifer der religion, 0070dises erzhaus vnd meines cuhrhauses gemeldet habe. Was den 0071sulsbachischen Prinzen anbelangt, so schreibt mihr die Prinzessin, das der 0072alte herr woll inclinirt sey, allein verlange er, das zuuohr 0073die feldenzische sach möchte ausgemacht werden, warüber 0074ich schon neülich dero Liebden meine meinung überschrieben habe. Due mich 0075hirmit dero Liebden befehlen, die ich leben vnd sterben werde 0076dero Liebden 0077getrewste schwester 0078Eleonora 0079Wien den 10ten decembris 1706
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0080Postscriptum Mitt gröster meiner freüdt komme ich, dero Liebden zu berichten, 0081das ich mit einer staffetta ein brif vom Pater Plekner 0082empfangen, warinnen er mihr bericht, das nit allein die 0083Prinzeßin in mit großer guette vndt attention angehört, 0084sondren auch ihme mit vohrwißen vndt in beysein des alten 0085Herzoch schrifftlich diße antwort, welche er so woll dem 0086Keiser vndt Keiserin, mein gelibsten sohn vnd fraw dochter Mayestät, als auch mihr 0087in originale von ihrer eignen liebsten handt vndt vnterschrifft 0088überschikt, welches ich dero Liebden in höchsten vertrawen particpirn wollen. Vnd 0089lautet also (Ich erkenne die ins gemein genante romisch 0090catolische kirch vohr die wahre kirch gottes vnd das 0091selbe in auslegung des wortt gottes vndt in den glaubens- 0092lehren nicht könne fählen, weil sie die grundt feste 0093der wahrheit vnd von dem heiligen geist regiret wirt), vndt 0094mit ihren nahm vnterschriben, welches ich ehster dagen mit eingen 0095courir meinen sohn überschiken werde, der Pater mihr auch die 0096hoffnung gibt, das sie gahr balte die profession, doch in höchster 0097geheim, ablegen werde, welches alles, was man verlangen kann.
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0098Also hab ich ganz kein bedenken, das dero Liebden dem alten Herzoch dißes, 0099was ich aus meins sohns schreiben extrahirt vnd dero Liebden in brif 0100überschriben hab, zu communiciren, vndt zweifle also gahr nit, 0101das dißer curir mit der erwünschten resolution zerukh komen werde 0102vndt die sach zum erwünschten schluß gelangen. Dißes duet zu 0103so vill andren meine vndt dises ganzen haus obligation gegen 0104dero Liebden vermehren, welche meinem libsten sohn, dem Keiser Mayestät, schon aus 0105selbigen hauß zu einer so volkommenen gemahlin geholfen, 0106vmb welche gott nit genugsamb zu danken ist vndt ich 0107auch absonderlich, die so vill liebs von ihr empfange, das ich von 0108einer leibligen dochter nit mehr verlangen könte, vnd nie 0109genugsamb wider lieben kan, so dan iezt auch den Konig zu 0110einer solchen Prinzeßin verhelf, welche von allen, die sie nuhr 0111sehen, nit genugsamb kan gelobt werden, vnd mein sohn 0112mit einer solchen gemahlin ganz glükhlich sein wirt. Von dero Liebden haben 0113mihrs allein zu erkennen, als welche sie zum ersten propo- 0114nirt vnd die sach so weit vnd eifrig gedriben haben, das hoffentlich 0115der erwünschte effect balt erfolgen wirt. Ich kan fast 0116die stundt nit erwarten, sie zu sehen vnd so ein 0117liebste dochter zu bekommen, wüntsche nuhr einige