Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Philipp Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1679.02.16
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 45/8
Ausfertigungeigenhändig
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0001Durchleüchtiger Fürst, herzallerliebster herr vatter 0002Beyde dero gnädige schreiben vom 3 vndt 10 dießes habe 0003ich mit großen freüden empfangen, die weilen daraus 0004ewer Durchlaucht erwünsten wohlstant vnd die continuation 0005dero gnade gegen mich ersehn. Ewer Durchlaucht seint gahr 0006zue sorgfältig fohr mich, das sie mihr nit 0007erlauben wollen, die Marta vndt den Doctor 0008hinauf zue schiken. Bitte aber nochmahlen vnterdehnig, 0009mihr dießes nit zue befehlen, dan die große 0010angst vnd sorge, in deren ich leben wurde, 0011mihr gewißlich mehrer schaden wurde vndt ehnder 0012etwas übels veruhrsachen könte, als wan ewer 0013Durchlaucht mihr soliches erlauben wurden, so lebete 0014ich in rue vndt würdt mihr mit gottes hülf 0015niks geschehn. Wan auch etwas geschen solte, so 0016bin ich schon wohl versichert, das die hiesigen 0017doktor mihr nit wurden zur ader laßen, 0018vndt wan sie gleich wolten, ihr Mayestät der Kaiser
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0019es nit zuegeben. Also hoffe ich, ewer Durchlaucht werden mihr 0020nit in vngnaden nemmen, das ich sie vort schike, will sie 0021erst nach ostren schiken, dan wirt auch die gefahrlige 0022zeit schon bey mihr vorbey sein, aber die sorg im 0023widrigen fall könte wohl etwas übeles veruhrsachen. 0024Was ewer Durchlaucht gnädigst melden wegen des Grauen von 0025Ötingen vndt der Breünerin wirt, förchte ich, hart 0026sein die Kaiserin zue bewegen, dan sie nit balt 0027in ihren meinungen sich etwas nemmen last. 0028Ich will es doch ihr Mayestät dem Kaiser gehorsamst 0029vohrdragen. Bey diesem fasching hab ich nit mögen 0030solliche sachen vohrbringen, ich vermeinte aber, wan 0031man ein mitel finden könte, das die sach gahr 0032nit decidirt wurde, so kunten beyde parteien 0033zue friden sein. Es ist der casus doch selten vndt 0034nuhr wan keine hoffmeistrin dah wehre, also wan 0035er so selten ist, so kunte in deßen ereigenung 0036eine oder die andere ein ausreht nemmen 0037zue haus zue bleiben. Auf dieße weis, meine ich,
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0038kunten beyde zuefriden sein, dan ich kenn die 0039Kaiserin, sie ich forchte, sie werde sich nit 0040bewegen laßen vndt ehnder die Breünerin 0041widerumb zue sich nemmen. Solches aber, besorge 0042ich, möchte die liebe Erzherzogin bedrüeben, 0043weilen sie die einzige, die vohrhin bey ihr 0044geweßen, vndt die andere alle erst newe zue 0045ihr kommen, auch es scheinen möchte, als wan 0046keine vohn ihren leüten, die vohrhin bey ihr gewesen, 0047bey ihr verbleiben wolten vndt sie alle verließen. 0048Das, förchte ich, wurd ihr gahr weh duen, dan ich 0049gewis bin, das ihr gahr leidt gedahn, das die 0050von Rappach nit mit ihr ist gangen. Wan es 0051möglich wehre, durch so ein mittel zue componiren, 0052wurde es allerseits gahr ein große satisfaction 0053veruhrsachen. Wegen des schpanischen gouerno will nit 0054vnterlaßen, verners zue inuigiliren, wie es an- 0055zue greifen wehre, aber wie ich schon vohr gemelt, 0056Don Jouan ist nit vnser liebe Königin, ich förchte,
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0057sie werden es weder Lotringen, weder mein bruder geben. 0058Gott gebe, das ich übel profezeie, ich förchte allemahl, 0059Don Jan habe kein guette intentiones, aber das sag ich 0060keinem menschen in der welt. Befehle mich 0061hiermit ewer Durchlaucht gehorsamist vndt sterbe 0062ewer Durchlaucht 0063ganzergebenste trewgehorsamst 0064dochter 0065EMT 0066Wien den 16 februarij 1679