Ausfertigungeigenhändig

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0001Durchleüchtiger Fürst, herz allerliebster herr vatter 0002Durch bruder Franz Liebden hab ich mit schuldichstem respect dero 0003gnädiges schreiben vom 26ten passato empfangen vnd mit 0004großem trost daraus, wie auch von ihme selbsten, ewer 0005Durchlaucht guetten wohlstandt vernommen. Gott gebe bestendig, 0006das es darbey continuiren möge, der woll ewer Durchlaucht 0007gnädigen wuntsch vohr vns alle auswürken vnd verleyen, 0008was zue seiner ehr gereichet. Es ist woll nötig, 0009das der succurs befördert werde, dan sie in Wien starkh 0010an der ruer vast sein vnd als in ein dag zue 001160 sterben, das ihnen die leütt vnd sonderlich officir 0012sehr manglen, dan die besten doht oder verwunt. Der 0013Starenberg allein ist noch woll, das ist das einzige 0014was mich hoffen macht. Die lezten brif seint vom 27 0015geweßen, dah haben sie den reuelin noch defendirt, aber 0016besorgt, in nit lang mehr manteniren zue können, 0017ist vill, das sie ihn so lang erhalten haben. Sie haben ein 0018große mine scoprirt vnter der burg bastein vnd vnter


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0019der mine, so die vnsrigen gemacht, wan sie deren opperation 0020verhindren könten, wehre noch vill zue hoffen. Sie haben aber 0021schlechte mineurs drinnen, das der Starenberg schreibt, wan 0022sie den feind hören arbeiten, möch er anfangen was 0023er woll, kön er sie nimmer hinein bringen. Ihr bester 0024ingenieur ist auch blieben, das also der succurs hoch 0025vonöten, vnd die leütt kommen so langsamb. Ewer 0026Durchlaucht werden schon gehört haben, wie Brandenburg sich 0027nimmer will verstehn, das der Fürst von Anhalt 0028vast desperirt drüber ist. Die franzosen haben alles wider 0029dort vmbgekert, weil der Anhalt abwesent. 0030Saxen kombt, aber langsamb, der Waldek ist nit zu 0031bewegen gewesen, die fanterie zue waser lasen zue gehn, 0032kan zue land noch in 8 dagen nit kommen. Es 0033ist freilich ein schand in einer solchen noht. Der 0034König in Polen komt heüt mit dem Herzoch zue 0035sammen, hatt die schweren reiter vnd artillerie zue rukh 0036gelaßen. Wan nuhr die saxen zuerecht kämen, izt 0037marschirn sie woll, wis sie können, aber am 0038anfang ist zue langsamb her gangen. Wegen Frankh-


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0039reich werden ewer Durchlaucht schon vernommen haben, das ihr Mayestät mit 0040den alliirten offerirt über den stillstand zue tractiren, 0041gott geb, das Frankreich es acceptire. Bruder Franz wirt 0042bey ihr Mayestät verbleiben vnd in kein occasion kommen. 0043Er ist auch schon eh resoluirt gewesen, sich nach der 0044confirmation geistlich zue kleiden, aber das er es 0045vohr der confirmation duen soll, haben alle vermeint 0046von nein. Guett wirt es sein, wan er mit dem König 0047in Polen bekant wide wirt wegen der nachbarschafft. 0048Mihr wehre wohl die gröste consolation gewesen, ewer 0049Duchlaucht beyderseits vnterdehnigst zue bedienen, weilen ich aber nie 0050gewust, woh wir noch bleiben, ihr Mayestät auch dero hinabreis 0051erst nach zuerukhkunft des Markgrauen resoluiren 0052werden, also bin ich froh gewesen, das mit wehnig leütten 0053mich mit gebettelt. Vnd ich werd das meiste darbey 0054leiden, wan mein Kaiser auch solt wekh gehn vnd ich 0055in der kindelbett sein, so hab ich gahr niemant 0056der mich tröst als gott allein, der ist, der ein trösten 0057kan vnd auf den ich mich verlaß. Das ich mein 0058Kaiser solt abhalten, wan er ein gloriose operation kann


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0059duen, daruohr behütt mich gott, vnd wolt ich lieber 0060sterben, dan ich nit werdt were, ewer Durchlaucht vnterdehnigste dochter 0061zue sein. Ich verlaß mich auf gott, der wirt ihm 0062beystehn vnd mihr auch gnade geben, alles zue überdragen 0063vnd villeicht balt nachzue kommen oder noch 0064mit zue gehn. Wie es gott schiken wirt, wert ich es 0065von seiner hand ahnemmen, darzu bin schon resol- 0066uirt. Ist wehnig dran gelegen, ob ich darbey leiden 0067due, gott gibt schon genad, schikt einem nit mehr, 0068als man dragen kan, auf ihn verlaß ich mich. 0069Vnd weil ich mich so woll auf befind, so hoff 0070ich, die kindelbet werd auch woll abgehn. Ich werde 0071aber in allen gelegenheiten leben vnd sterben 0072ewer Durchlaucht 0073ganzergebenste trewgehorsamste 0074dochter 0075EMT 0076Lins den 1 septembris 1683 0077Ich hoff, balt zue Regenschpurg 0078die gnade zue haben, ewer Durchlaucht vnterdehnigst zue bedienen, wan 0079nuhr gott gnad gibt, das mit Wien woll abgeht.