Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1709.04.04
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 44/10
Ausfertigungeigenhändig
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0001Durchleüchtiger Curfürst, mein herzallerliebster herr bruder 0002Dero bede schreiben vom 13ten februarij vndt 8ten passato habe 0003zu meinem trost empfangen, dero wohlstandt daraus 0004zue vernemmen, ersee auch das contento, so dero Liebden bezeigen 0005wegen des vergleich mit dem papstligen hoff, darzue sie 0006auch gar vill cooperirt haben. Vndt zweifle nit, 0007das nuhnmehro die einichkeit sich allzeit der christen- 0008heit vndt religion zum besten immer vester wirt 0009stabilirt werden. Es haben ihr Heiligkeit mihr auch die er 0010gedahn vnd die confidenz gezeigt, durch ein eigenhendigs 0011schreiben sich über die exessen zu beklagen, so in dero 0012staht durch die darinnen gelegenen trouppen geschen seye. 0013Ich kan dero Liebden versichern, welches ich auch ihr Heiligkeit gleichfals 0014gedahn, das mein geliebster sohn, der Kaiser Mayestät, darüber überaus,
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0015als er es vernommen, darüber entrüstet worden vndt also 0016balt durch ein eignen courir die ordre der remedir vnd 0017scharfen abstraffung hinnein geschikt, deßen copei man 0018hier dem Monsignore Piaza comunicirt hatt. Verhoffe also, das0019ihr Heiligkeit damit werden content sein, wie ich dan heünt 0020die erfreülige nachricht vom Marchese Priee erhalten, das 0021die congregation die gleichhaltung meins sohns, des Königs 0022in Schpanien, mit dem Duc d' Anjou concludirt vndt ihr 0023Heiligkeit selbige resoluirt haben, wardurch dan das anulum 0024der bestendigen freüntschafft vnd gutten harmonia alzeit 0025merer stringirt wirt. Vndt mueß ich bekennen, das der 0026Marchese Priee sich in dißer sach überaus wohl comportirt hatt, 0027obwollen so woll er selbsten als mihr alle meistes dero Liebden 0028cooperation zue meßen duen. Die difficultet, so die alijrten 0029machen, die troupen in Cattalognen zu vnterhalten, kann 0030ich vnmöglich capiren, dan ihnen jah ihr ganzer intent 0031daran ligt, so in dem comercio von Indien besteht, dan 0032schikt man nit die troupen, ist die augenscheinlige gefahr, 0033das mein sohn nit allein Schpanien nit aquiren, sondern gar
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0034in Catalognen sich nit wirt manteniren können. Wirt 0035er einmahl bezwungen, sich von dort zu retiriren, so 0036mag man das kreüz über Schpanien machen vndt die 0037alijrten alle hoffnung, das comercium zu erlangen, 0038verlohren geben, dan das er sich noch einmahl in Barcelona mit 0039seiner gemahlin solle belegren laßen, wirt der Keiser 0040vndt mihr alle darwider protestiren vndt ihne mitt 0041denen troupen herauß zien, dan entlich an seiner 0042person alles gelegen ist. Wan die alijrten auch nuhr 0043ein detachement von etligen schiffen zue impresa von 0044Cecilien schiken wolten, wurde Schpanien vnd consequen- 0045ter ein gutter friden balt volgen. Das dem Herzoch 0046von Sauoy zue vill troupen solten entzogen werden, hatt 0047man schon vohrsehung gedahn, das dise, so in Schpanien 0048destinirt wahren, nit ihme abgehn solten. Zue Cecilien 0049wirt man auch nit so vill brauchen, wan nuhr die schiff 0050balt beordert wurden, könte alles so zeitlich geschen, 0051das der Herzoch von Sauoy der troupen, welche doch 0052wehnig sein werden, sich noch gebrauchen wurde können. 0053Ich cappire also nit, was sie darwider haben, oder sie
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0054sein nit woll informirt, beherzigen es nit oder haben ander 0055fines, die man nit ergründen noch gedenken kann noch soll. 0056Was die nachrichten von Napoli anbelangt, kann ich dero Liebden 0057versichern das widerschpill, seint mit dem Cardinal con- 0058tent, so woll der adel als das volk, vndt dise nachrichten 0059kommen nuhr von einigen vnruhigen köpfen, die allzeit 0060nouiteten verlangen, vnd eben solche haben den Cardinal vnd 0061den Langraf aneinander gehezt, das man zue duen 0062gehabt, sie wider zue sammen zu bringen. Mein 0063sohn ist auch überaus woll mit ihm zu friden, 0064vndt ist kein gedanken darnachen, das einige mutation 0065solte geschen, ist wider auf die 3 iahr confirmirt 0066vndt vom Konigreich accepitirt worden mit solcher 0067volmacht, als noch kein Vicekönig gehabt hatt. Ich 0068bitt, dero Liebden brengen vnsern herrn bruder Carl dißen gedanken 0069auf dem kopf, dan einmahl es nit vohr ihn ist. 0070Erstlich wirt es nie angehen, dan wan des Cardinal 0071jahr ausein oder ein mutation gescheen solte, mein 0072sohn auf einen seiner vnterdahenen vndt nit auf so 0073einen vohrnemmen Fürsten, den er als ein zio mehr 0074respectirn als als einen diener befehlen könte, wan
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0075gleich einer oder der ander aus dem Königreich ihm das 0076maul macht oder vohr in sein wirt, werden 100 darwider 0077sein vndt entlich, wan auch das Königreich es verlangete, 0078so wirt ihm mein sohn niemahlen vom Königreich 0079vohrschreiben laßen, wen er zum Vicerè machen solle, 0080vndt eoipso, das sie einen begern, werden einen andren 0081machen, welches auch der ratio status also erfordert. 0082Solte auch mein sohn vnd das Königreich in verlangen, wurde 0083er gewißlich wehnig reputation, nit vill vtile vndt 0084niks als die menge disgusti daruon dragen vndt ich 0085niemahlen darzu einrahten können, zue deme auch fast 0086impraticabel sein wurde, das gouerno von Tirol darneben 0087ihme aufzuhalten, in deme dorten der gouernator in loco 0088höchst nötig ist, vnsern haus auch ein schlechte reputation 0089sein wurde, wan er gleich ein particular nuhr auf 00903 iahr vndt nit in perpetuo, das ist auf sein lebtag (welches 0091auch mein sohn nit eingehn könte wegen der consequentien) 0092solches haben solte. Den Grosherzogen betreffent, so werd ine 0093vndt habe in bestens reccomendirt. Wirt auch von Keiser 0094woll erkennt seine cooperation in der romanischen sach, 0095vndt wirt ohne zweifel aller riguardo gemacht 0096werden, was möglich sein wirt, in deme ein gutte
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0097hoffentlich einen gutten vnd bestendigen friden erzwingen 0098wirt, so wirt der Großherzoch durch seine generositet auch so vill 0099möglich ohne zweifel dazu cooperiren wollen. In deßen wirt 0100der Prinz Eugen schon bey dero Liebden ankommen sein, auch ihnen 0101eins vndt anders vohrgedragen haben, warauf er hoffent- 0102lig gutte resolutiones wirt erhalten haben vndt dero Liebden, die 0103mitt solcher generositet disen krieg angefangen und bis dahto 0104continuirt, werden auch die glori daruon dragen, zu 0105deßen glükligen ent vndt bestendigen gutten friden das 0106meriste bey gedragen zu haben. Es wirt vberbringer diß, 0107der Grav Kuffstein, ingleichen dero Liebden eins vndt anders vohr- 0108dragen vnd representirn, bitte, dero Liebden wollen ihm glinden anhören 0109vndt mit willfariger resolution mich erfrewen. Was 0110Pfreimbt anbelangt, nachdem der Keiser es dero Liebden zue er- 0111kent, das es ihnen gehört, so duen dero Liebden iah weder ihnen noch 0112dem haus den gerinigsten prejudiz, wan sie den Lamberg 0113damit begnaden, dah sie es doch sonst ein andren gebeten, wordurch sie den Keiser höchst obligirn 0114werden. Die oberpfalzischen sachen werden dero Liebden die bilichkeit erkennen 0115vndt die sachen also einrichten, das ihn keine weitlaufichkeit 0116kommen möge. Sonst kan ich dero Liebden nit bergen, wie inik- 0117lich mich zue meinen andren schwehren kreuzen bedrüebet
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0118zue sehen, das dero Liebden sich dem Keiser in religions, münz, post vndt andren sachen 0119also oponiren, welches von ihnen (der sein zio, von ihme also vast geliebt 0120vndt estimirt, nachdem erst iezt dero Liebden in dero rechtmaßige dignitet vnd 0121landen eingesezt, gewißlich mit absonderligen vergnügungs bezeügnung 0122meins sohn) dem ganzen Reich ein übels exempel gibt vndt 0123hernach nit alle, wie dero Liebden, in gebürender mederation beliben, 0124sondern glauben, das sie noch mehrers duen derfen vnd können, 0125dardurch dan gewißlich das ganze Reich vnd alle ordung vnd 0126kayserliche autoritet zerfallen wirt, auch die kreisdirectori vndt 0127machtigeren stendt die sachen ad precipitium (wan sie von 0128dero Liebden animirt vnd aprobirt werden) brengen werden. Ich vntersteh 0129mich, dero Liebden so offenherzig zue schreiben, hoffent, das sie mirs nit 0130werden übel nemmen, sondern von meiner warer lieb erkennen 0131die billige sorchfalt, so ich drage, alles in gutter harmonia 0132vndt bestendiger lieb vndt freüntschafft zu erhalten, 0133in dem das widerschpill beder heüßer, das gemein weßen 0134vnd der religion ruin vndt mein doht wäre. Ich hab 0135mich allezeit flatirt, vndt noch, etwas bey dero Liebden zu gelten, 0136dis hatt mich erkünt, so offenherzich zu schreiben vndt disen 0137trost in meiner diefesten bedrüebnus zu hoffen. Leztlichen 0138die auocirung des Wißers betreffent, kan ich mihr nit
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0139gedenken, wer dero Liebden so ein bericht geben, das er beym hiesigen minis- 0140terio nit solt angenehm sein. Kan dero Liebden versichren, das die 0141meristen ihn gahr gern haben, wan es vonöten sein wurde, 0142solches so woll der Keiser als meristen ministri versichern 0143wurden, also das deswegen dero Liebden gahr kein vhrsach haben, ihne 0144zu auoziren, dan wan etwan gleich ein oder ander etwas 0145wider in gehabt hetten, so wirt keiner sein, der allen kan 0146recht duen, vndt versicher dero Liebden, das über einer nit sein wirt, 0147der nit mit ihm zufriden sey. Wan er im ersten iahren 0148etwas hizich, war es aus großen eifer dero dienst, hatt aber 0149schon zimlich die hörner abgestoßen, vndt werden dero Liebden 0150schwerlich einen finden, der ihnen hier so woll dienen wirt 0151als er. Vndt finde ich gewißlich höchst nötig vohr dero Liebden, 0152ihn wehnigst bis zum friden hier zu laßen, dan bis ein 0153ander die ministros vnd den hoff kennenlernt vnd 0154alle informationes nimbt, wurde dero Liebden dienst sehr versau- 0155met werden. Mich bedunkt aber aus dero Liebden schreiben vnd hab 0156auch sonsten gehört, als wan dero Liebden nit mehr ein rechte 0157confidenz zue ihme hetten. Wan dem also vndt dero Liebden noch 0158wie sonsten das vertrawen zu mir haben mögen, mihr die vhr- 0159sach deßen zu eröffnen, wurde ich gewißlich die sach in
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0160höchster geheim also durchforschen, damit dero Liebden auf den grundt 0161kommen mögen, dan gewißlich ich biß dahto niks als 0162allen eifer, trew vnd erschprislige dienst vohr dero Liebden 0163vndt das ganze cur haus von ihme erkennen können, so 0164das er woll von dero Liebden alle vernere confidenz, gnadt 0165vndt recompenz meritiret. Wan etwan villeicht der Grav 0166Sinzendorf wurde hinunter kommen, wurde er dero Liebden in 0167dißen vndt andren mitt mehren informiren können, wollen 0168also dero Liebden wenigst bis dorthin dero resolution ver- 0169schiben. Ich due dero Liebden gahr zu lang aufhalten, mein 0170lieb vnd verlangen, sie woll bedinet zu wißen, ist 0171doran vhrsach, als die ich leben vnd sterben werde 0172dero Liebden 0173getrewste schwester 0174Eleonora 0175Wien den 4ten aprill 1709 0176Es freüdt mich, von meiner fraw schwegerin, der Curfurstin Liebden, zu 0177vernemmen, das mein vetterchen von Sulsbach satisfaction 0178gibt, due ihn verners dero Liebden zu gnaden reccomendiren. 0179Ich bitt auch, dero Liebden wollen helfen solicitirn, das die alijrten die ver- 0180schprochne 7000 man in Portugal balt schiken, sonst gehts dorten über 0181vndt über.