Ausfertigungeigenhändig

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0001Durchleüchtigster Cuhrfürst, mein herzallerlibster herr bruder 0002Ich hoffe, das dero Liebden persuadirt seindt der bestendigen herzligen 0003schwesterlichen lieb, so ich jederzeit zue deroselben gedragen 0004vndt also biß in mein gruben in meinem herzen er- 0005halten werde. Also verhoffe ich, dass sie mihr desto wehniger verüblen, 0006das ich ihnen in allem, was ich zue der guetten verständtnus 0007vndt bestendigen verträwlichkeit zwischen deroselben vndt 0008ihr Mayestät dem Kaißer, meinen gelibsten sohn, nuzlich oder 0009schädlich sein möchte, an deren vnion vndt engen ver- 0010trawen beim erz vndt cuhrhausen so vill, jah alles gelegen, 0011vertrawlich mitt meiner gegen dieselbe biß dahto gepflo- 0012genen offenherzichkeit als mein liebsten herrn bruder vnd papa eröffne. 0013Es hatt mihr obgedachter mein geliebster sohn Mayestät mit seiner gewohn- 0014ligen moderation (vmb welche ich nebst andren gnaden 0015dem almechtigen nit genugsamb danken kan) dero Liebden schreiben


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0016communicirt, welches sie wegen des Großherzogen Liebden an 0017ihne abgehn laßen. Nuhn mueß ich woll bekennen, das ich 0018darüber sehr bestürzt gebliben, weilen ich disen in solchen 0019terminis gefunden, welche ihme woll empfintlich sein 0020müesten, wann nicht seine absonderlige estime vndt lieb 0021gegen dero Liebden selbiges verhindert hette. Ich habe dannoch ge- 0022glaubt, beßer zue sein, das er selbsten selbiges nicht be- 0023antworte, sondren mihr selbiges überlaßen solte, in deme 0024in selbigem natürliger weiß einige terminos hetten ein- 0025fließen können, welche beßer zu evitiren. Nuhn aber die 0026sach betreffendt, so kennen dero Liebden ohne diß des Kaisers sein 0027gemüeht, wie er so heiklich ist, sein gegebenes wort 0028auf das genaweste zue halten, nicht allein vohr sich, 0029sondren auch sein ministerium vndt generalitet darzu 0030anzuhalten weiß, deßen widerschpill in dero schreiben zimlich 0031hart angezogen wirt vndt ihme billich empfindtlich vohr- 0032kommen kan. In deme auch klar ganz andrest die 0033sach sich befindet, weilen zwar er verschprochen, die troup- 0034pen alsogleich herauß zue zihen, so balt keine operation 0035mehr vohrgenommen werden könte, welche man doch jezt 0036in bälde vohrzuenemmen verhoffet, wie dan die nö- 0037tige orders dazue bereits ergangen seindt. Die verschprochene


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0038abreitung vndt nachlaß betreffendt, ist sich auch vmb so wehniger zue 0039beklagen, als selbiges in allem zue adempliren keine 0040difficultet gemacht worden noch könftig sein wirt. 1Bitte0041also nachmahlen dero Liebden, fürohin sich nicht so leicht auf vn-0042gleiche raport zu übereilen, insonderheit auch in dennen0043terminis sich etwas in acht zue nemmen und wan etwas0044widriges vohrfallen möchte, lieber das vertrawen zue0045mihr, wie bis dahto, sezen möchten, die ich dero Liebden allezeit den0046grundt der sachen berichten, auch bey mein gelibsten sohn Mayestät0047allezeit suechen werde, nach möglichkeit dero verlangen0048zu secondiren, vmb dißer so nötige harmonie vndt0049vertrawen bederseits immer mehr zue befestigen, weil0050alle geringst dissapori zwischen so inniglich gelibten0051sohn vndt brudren mihr vnerdraglich fallen vndt bald0052in die andere weldt befördern wurde, die ich ehnder0053sterben werde, als verendern zue sein 0054dero Liebden 0055getreweste schwester 0056Eleonora 0057Wien den 2ten februarij 1712 0058Auch empfange ich gleich dero schreiben 0059vom 21ten passato, anbetreffendt das zuemueten von Rohm 0060an vnsren herrn brudern, des Deütschmeister Liebden, welches mich überaus 0061vngereimbt vohrkombt vndt mich nit genug verwundern 0062vertatur


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0063kan, das der Fedl sich vnterstanden einzulaßen, eine minuta 0064von ihr Heiligkeit zue begeren, wie der Deutschmeister ihme herüber 0065schreiben solle, welche, wan mann nit duen wirt (wie es nit 0066möglich sein wirt können) die sach nuhr verschlimert vndt 0067in steken gerahten lässt, wie auch der Papst offendirt werden wirt. 0068Versicher dero Liebden, das der Kaißer gern seines orts alles möglige 0069beydragen wirt, dises werkh bestens zue befördern, welches der 0070gutte Fedl scheindt zimlich verdorben zue haben. Die zeitungen 0071auß Frankhreich derften wohl in der fridens sach einige 0072mutation nach sich zihen, der allerhöchste gebe, was zu 0073seiner ehr vndt zum besten sein wirt, amen.


1Die folgenden Ergänzungen wurden nach Überprüfung verdeckter Papierstellen am Original durch die Editorinnen vorgenommen.