Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Laxenburg am 1695.05.21
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 44/3f
Ausfertigungeigenhändig
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000121. maij 950002Durchleüchtiger Cuhrfürst, mein herzallerliebster herr bruder 0003Ich hab dero liebste schreiben, einß zwar zimlich alt, durch den Fürst Croy, 0004die andren vom 28ten aprill vndt 11ten dis woll empfangen. Freüdt 0005mich, das dero Liebden vndt vnser geliebste fraw muetter sich woll auf 0006befinden. Des Croy seinen bruder werden ihr Mayestät gern helfen zu einiger 0007prebent, wan sie werden können. Freüdt mich, das dero Liebden sich resoluirt, 0008einen beichtuatter auß der soceietet zue nemmen. Aus dero Liebden schreiben 0009zwar hab ich nit können erkennen die vhrsach, was dero Liebden gegen selbige 0010möge disgustirt haben, hab mich aber deßen bey dem Pater Wißer 0011erkundigt, welcher mihr gesacht, das dero Liebden in meinung, als 0012solten sie vndt principaliter pedari vnd mein beicht0013vatter vohr die savoische heirat sein. Den ersten zwar wolt ich 0014gern, aber kan ich nit in disem punct recht entschuldigen, 0015aber das kan ich dero Liebden in höchstem vertrawen versichern, 0016das weder mein beichtuatter noch kein anderer jesuiter 0017dahir dißes aprobiren, vndt was kan die ganze societet
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0018daruohr, was einer etwan duet, vndt ich zwar glaub, er 0019due es in gutter intention vndt nuhr ein mangel, das 0020er die sachen nit gnuechsam capirt. Mein beichtuatter 0021aber vndt die andren erkennen die vhrsachen gahr woll vndt 0022hatt er mich noch heündt gewarnt acht zue haben, weil man 0023in dißer sach wider aufs new laborire. Das andre soll sein 0024wegen der Rummel. In disen geschicht ihnen woll hart vndt vnrecht, 0025dan einmahl er selber vndt kein ander ander mensch 0026in der welt die vhrsach. Es wehr mihr woll herzlich 0027leidt, wan diße armen leüt wegen diser vhrsach vnschuldich 0028solten leiden müeßen, aber entlich müst ich auch dis 0029lieber erdragen als meinem sohn und gewissen0030in gefahr sezen. Vndt beken ich, wie ich dise sach findt, 0031wan alle iesuitter mitt meinem beoichtua0032tter mich auf denknien bitteten vndt ich0033es nit anderst findete als iezt, sie nichts0034endren wurden. Ich bin auch versichert, wan dero Liebden alles 0035wusten, welchs gahr zue weitlaüfig zue schreiben, sie einer 0036andren meineung sein wurden. Hoff aber nit, das die vnschuldige 0037dis wegen werden leiden, ich habe auch mein beichtuatter gebetten, sich hirin 0038nit einzuemischen. Bruder Carl wirt iezt, mein ich, balt ein 0039postritt nuhr auf etlich wehnig dag her duen, wegen der 0040litawischen sach eins vndt anders abzuereden. Ihr Mayestät,
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0041mein Keiser, vndterlaßen vndt werden niks vnterlaßen, 0042was darzue befördern kan, hart aber wirts her gehn. Weil 0043bruder Carl nach seiner hiesigen abredt dero Liebden alles selbst balt 0044berichten wirt, so will ich mich nit darmit aufhalten. Das 0045aber wehr gutt, wan man den Vogt kont von ihm brengen, 0046dan sonst nie niks bey ihm erkleken wirt. Dis in höstem 0047perse vndt bitt, es bruder Carl nit zue comuniciren, dan 0048man mues dise sachen suechen mit gutter manier ein 0049zue richten. Sein heirat betreffendt, so ist zwar wahr, das 0050vnser schwegerin ihm vohr disem nit gefallen, aber iezt ist sie ganz 0051geendert, das hat der Deütschmeister mihr gesacht, auser der 0052gestaldt, die ist noch wie eh, sonst kenet er sie nit, 0053so ist sie von maniern vndt humor verendert. Die 0054dispens betreffendt ist nit mehr diffcultet als mit 0055Parma, dan der ist eben von einem vatter, wan gleich nit 0056von einer mutter, vndt dorten ist gahr sonst keinen vhrsach, 0057doch alhier deren mehr als zueuill. Wegen der religion 0058seindt die hanourischen seindt von einer franzosischen 0059muetter in Frankreich erzogen, das daucht in vnser 0060kram nit, zue dem das man mihr sie beschreibt sehr 0061dik, das wehnig oder gahr kein sucesion von ihnen zu 0062hoffen. Also mues ich bekennen, wehr mihr dise parti 0063gahr nit angenehm vndt glaub auch nit nuz vohr
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0064vnser hauß. Dise weis man schon, das kinder gehabt 0065hatt, ist gesundt, das noch mehr zue hoffen seindt. 0066Wegen vetter Görch, so hatt er gegen mihr nie anderst gezeigt, 0067als das er dißer heirat verlang, diese narische conditionen 0068seint ihm, glaub ich, ein mahl in ein rausch eingefallen, 0069vndt wans dazue kehm, wurd er sich schon beßer begreifen. 0070Sie hatt sich gegen disen noch wehniger als gegen keinen allien 0071gezeigt, mit ihm hier höfflich gerett, im übrigen, das 0072sie sich nit heraus laßen will, ist vnsern haus ein 0073ehr vndt hab ich ihr obligation daruohr, das sie so vill 0074lieb vohr vnsern bruder sehligen zeigt vndt nit so balt auf ein 0075andern denken will. Sie schreibt mihr wegen des von Goes eben 0076das, waß von andren, die sich dersider bey ihr angemeld, 0077das sich wegen villen vhrsachen noch zue niks resoluiren 0078kan. Also seindt in disem alle geleich tractirt vndt 0079vohr den Jörgel so wehnig als vohr die andren die hoffnung 0080verlohren. Wegen der werbgelder vndt subsidien bezie mich auf 0081Pater Wißer. In der haubtsach ist zu erwarten was erfolgen wirt, 0082wegen des herahts, so Frankreich propo- 0083niren möchte, hab ich dero Liebden schon in mein lezten schreiben geantwort, 0084darauf ich mich bezie. Vetter Pfilipp, zweifel nit, werd alzeit 0085von dero Liebden mit höchstem dankh erkenen die generositet, so dero Liebden 0086gegen ihm erweißen, vndt ich werde allzeit leben vndt sterben 0087dero Liebden 0088getrewste schwester 0089Eleonora 0090Laxenburg den 21ten maij 1695