Ausfertigungeigenhändig

50 ros-id-1

0001Durchleüchtiger Cuhrfürst, mein herzallerlibster herr bruder 0002Eh ich dero liebste schreiben beantworte, mueß 0003ich ihnen mein bedrübnus vnd vnser allen participirn, 0004wie sie mit mehren aus beyligenden schreiben der 0005Königin in Schpanien, vnserer fraw schwester, werden ver- 0006nemmen. Die guette fraw suecht überall hülf, 0007wie billich, ich bitt aber, dero Liebden wollen niemand hinein 0008schiken, ohne zuefohr hir her zue berichten, ich förcht 0009sonst, vill köch möchten die supen versalsen. Mihr 0010haben hir ein consilium halten laßen, die halten alle


50 vos-id-2

0011alle den zuestandt der liebsten verwittibten Königin vohr leider 0012schon ein formahl kreps, wie wollen er noch nit offen 0013ist. Dises aus dem grundt zu curiren, sagen alle, sey 0014vnmöglich, insonderheit bey dem hochen alter diser 0015fraw, welche schon zwey vnd sechzich iahr hatt, das man 0016ihr kein starkhe cur oder operation mehr machen 0017kan, also sey nuhr zue sehen, mit gutten mittlen sie 0018zue erhalten so lang möglich, insonderheit zue ver- 0019hüetten, das es nit aufgeht, darum niks pflasterich, 0020kochicht oder feists brauchen. Wan dero Liebden iemant experi- 0021mentirten in disem zuestand wüsten, wollen dero Liebden es 0022zuewißen duen oder her schiken, das man mit ihm reden kann. 0023Der Wirts kan vnmöglich mehr hinein, er 0024deht vnterwegens sterben, ist so schon so alt vndt 0025schwach, das ehr nit mehr dienen kan, sondern 0026nuhr, wan extra was vohrfalt, ihr Mayestät in holen laßen. 0027Das gebett wirt woll das beste müeßen duen, 0028gott wolle alles zum besten schiken. Mein Keiser hatt


51 ros-id-3

0029nuhr dise zwey frawen schwestern, vnd zwar dise allein von beiden 0030seiten, so kann dero Liebden erachten, wie er es empfinden mues, 0031wie woll ers nit zeigt vnd die conformitet mit dem 0032gottligen willen hatt, doch ist bluet kein waßer. Dah bin ich 0033auch in angsten, das ihr Mayestät schaden wirt, aber gott kan alles 0034zum besten schiken, auf den hab ich all mein hoffnung. 0035Indesen wirt der Wißer ankommen sein, meine 0036brüder erwarte däglich, mit ihnen die hochenloische sach 0037auszuemachen. Es ist auch gestern der Schidnizki kommen 0038aus Polen, so ist eben recht, das mit ihm die polnischen 0039sachen können eingericht werden. Wegen des fridens0040und danischen sach bezie mich auf den Wißer. Den 0041Landgraf Pfilipp werden ihr Mayestät seine verschprochene 6000 0042anweisen, das ers sicher bekommen wirt. Wegen des Sw0043eizer werd erwarten, was von mein herrn brudern vndt dem 0044Hamilton vernemmen werde, das aber werden dero Liebden vom 0045Wißer vernemmen, das die sach nit so gahr secret, 0046wie dero Liebden es glauben. Des Herzoch von Sachsen sein expedition 0047ist schon expedirt, eh ich dero Liebden schreiben empfangen, in welchem 0048sie verlangt, das ichs ihnen soll zuschiken. Es ist aber


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0049als eins, er weis doch woll, das ers durch dero Liebden vohrwort 0050erhalten. Iezt kan nit vnterlaßen, dero Lieben in vertrawen zu 0051berichten, das die Königin in Portugal, vnser fraw 0052schwester, sehr verlangt, mit einem gewißen grande0053dorten von vohrnemmen haus einen eine von Landgraf 0054Wilhelm oder Carl von Reinfels prinzeßin verheirat 0055zue sehen. Also wollen dero Liebden sich einwehnig vnter der 0056hand erkundigen, was noch vohr prinzeßinen dah sein 0057vndt wie alt, auch das wehnige, so sie von den ihrigen 0058zue austaffirung oder sonst zue hoffen. Ich möcht 0059aber vohr mein nachricht auch gern wißen, wie nahent 0060sie mit vns befreündt seindt, welches mich nit 0061recht mehr erinner. Bitt dis in geheim alles 0062zue halten vndt mihr die verlangte nachrichten 0063ehistens zue berichten, dan die Königin ein große pre- 0064mura in dißer sach zeiget. Die opera wirt ihr Mayestät 0065gahr angenehm sein. Bitt dero Liebden, meiner fraw schwegren vill 0066schons von mihr auszuerichten, vndt ich werd sterben 0067dero Liebden 0068getrewste schwester 0069Eleonora 0070Wien den 28ten apprill 1696 0071Vnser fraw mutter brif, weil der Meir durch fraw Kirch ganz alle offen vnd 0072mihr geschriben, das sie schon von Düßeldorf wech wirt sein, so hab ihren brif, der dero Liebden war eingeschloszen, 0073heraus genommen vndt geschikt.