Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1698.02.21
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 44/7
Ausfertigungeigenhändig
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000121 februarij 980002Durchleüchtiger Cuhrfürst, mein herzallerliebster herr bruder 0003Ich hab dero liebsts schreiben vom 25ten passato woll 0004empfangen vndt daraus dero wolstandt mit 0005freüden vernommen. Aus meinem schreiben vom 27ten 0006werden dero Liebden vernommen haben die verlangte expe- 0007dition nach Florenz vohr den Teliers, welche hoffendtlich 0008schon wirt abgeloffen sein. Wie auch wegen Osnabrukh, 0009das ich dero Liebden widerumb representirt dero eigne 0010conuenienz, ihr Mayestät, des Keisers, verlangen vndt 0011des gemeinen weßen, insonderheit der religion 0012besten, zue vohr den Herzoch Carl von Lottring in dises bischtum
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0013bischtumb zue bringen. Vndt zweifle nit, dero Liebden werden 0014alles darinen beidragen vndt eifrichst darzue cooperiren, 0015auch bey Cuhr Cöllen dero officia interponiren, weilen 0016der ihnen iah so vill verschprochen hatt, imgleichen 0017den Fürst von Heiderscheim ernstlich zue zue schprechen, 0018wie ich in selbigen gemeldt. Einmahl der Deütschmeister, 0019wie er mihr selbsten geschriben vndt nit laugnen 0020wirt, verlangt es nit, vndt were auch nit 0021rahtsamb wegen viller vhrsachen, deren ich etlige wenig 0022vndt nicht die wichtigsten selbigs mahl überschrieben. 0023Auf den Bischoff von Augschpurch ist gahr nit zu gedenken, 0024er ist nit dumher, müest postolirt werden, vndt 0025sein humor vndt Schallenberg daugeten woll nit 0026hin, wehre der religion höchster nachdeil. Vndt 0027wan auch dises nit wehre, wurden keiner von ihnen 0028dazue kommen, deßen ich sichere vndt gahrzuegewiße 0029nachricht habe, vndt also wan dero Liebden auf disen verharen 0030würden vndt nit auch ihr Mayestät, des Keisers, intention 0031seccondiren, nuhr ein dritter darzue kommen
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0032wurde, welcher allen vohrgemelten zu höchsten preiu- 0033diz gereichen vndt dero Liebden alleschuldt aufgebürdet 0034werden wurde. Es ist iezt kein zeit zue verliren, 0035weil der casus dah ist vndt ihr Mayestät aus allen 0036disen vndt noch mehreren wichtigen vhrsachen mit dem 0037Herzoch Carl impegnirt, also zweifle ich nit, 0038dero Liebden werden ihr Mayestät in disen nit aushanden gehen vndt 0039sich darbey ein groß meritum machen, welches 0040ihr Mayestät gegen dieselbe vndt vnserganzes cuhrhaus 0041in gnaden erkennen werden. Was die veldenzische sach 0042betrift, so beken ich, das ich so dumb, das ich 0043nit capiren kan, das wan man ein richter requi- 0044rirt vmb des sequester vndt gerichtlichen aus- 0045schpruch, man selbst sein richter sein vndt sich 0046in posses sezen duet. Darumb hab alles dem 0047reichshoffraht überschikt vndt zweife nit, dero Liebden 0048werden das ienigen, was ihr Mayestät in disen werden 0049ausschprechen, als supremus iudex genehm 0050halten vndt solchen nachleben werden. Dabey kombt
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0051das gleichmäßige procedere in der andren seques- 0052tration, dah dero Liebden selber den Manderscheidt reccom- 0053mendirt haben vndt iezt sich durch eigne macht 0054hinein sezen. Ich beken, das mich sehr bedrübt, das 0055ich mus sehen, das durch die meinige, denen0056ihr Mayestät so vill gnaden erzeigt, so schlechten respect 0057in disen, woh ihr Mayestät hochste autoritet im 0058Reich vnter versiret, erhaben werde. Des Wißers 0059reis betrefendt wüntsche ich, das sie zue 0060besten des cuhrhaus auschlage vnd nit als 0061wie beim friedensschluß, dah das cuhrhaus 0062weit meherer auantage hett erhalten können, 0063wan alles mit vohrwißen vndt aprobation 0064ihr Mayestät gesantschaft geschen were, vndt die 0065sach nit vohrhero geschloßen, eh man was dauon 0066gewust hatt. Insonderheit dah ihr Mayestät dero Liebden so große 0067confidenz gezeigt vndt ihnen das heil dero 0068erzhaus in dem großen werkh anuertrawet 0069haben, were woll ein anders comportament 0070gegen diselbe zu hoffen gewest. Weil ich
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0071aber gesichert bin, das dero Liebden in disen allen kein 0072üble intention werden gehabt haben, also zweifle 0073ich nit, sie werden auch in einen vndt andern dem, 0074was ihr Mayestät vohr recht halten werden, aquiescirn, 0075in dem sie versichert sein, das ihr Mayestät vnsern cuhrhaus 0076so genädig, das sie kein vnrecht werden geschen laßen, in 0077dem osnabrukischen werkh alles das ihrige anwenden 0078zu ihrer Mayestät intention vndt in des Wißer negotiation 0079gegen selbige alle confidenz erzeigen. Ich aber 0080werde leben vndt sterben 0081dero Liebden 0082getrewste schwester 0083Eleonora 0084Wien den 21ten februarij 1698 0085Dero Liebden derfen nit sorgen, das mein com- 0086passion zu groß vohr die birkenfeldische vnd sulsbachsche, 0087dan in disen die justiz ihren lauf mus haben 0088vndt ihr Mayestät keiner partei vnrecht duen 0089werden, welche sich alle hoffentlich selbiger 0090schuldigst vnterwerfen werden.