000114 octobris 17020002Durchleüchtiger Curfürst, mein herzallerlibster herr bruder 0003Dero Liebden wirt ohne dis schon bekandt sein, was vohr ein 0004schandtliger casus sich dahier mit des Fürsten von 0005Liechtenstein seiner dochter zuegedragen, welche ein 0006junger Lamberg entfüret hatt. Nuhn ist nit 0007allein dißes factum höchst straflich, weil 0008es wider ihre eltern willen vndt auf diese weis 0009alle eltern in dißer gefahr stündten vndt nit 0010mehr über ihre kinder zu disponiren hetten, 0011sondern dißes noch mehrer agrauirt dadurch, des er, Fürst 0012von Liechtenstein, ein minister von Keiser, ein Ayo 0013meines sohns vndt, was das meiste ist, die 0014dochter bey ihren eltern bey hoff gewonet, den zue- 0015tritt bey mihr wie die hoffdames gehabt, auch 0016bey allen festen allezeit gewesen, vndt allso dise

0017entfürung ein violirung des hoffs vndt gröster offesa 0018ihr Mayestät, meins Keiser, vndt meiner ist vndt crimen 0019lese maiestatis zu halten. Man hatt ihnen gleich nach 0020geschikt, aber sie nit mehr bekommen. Dem vernemmen 0021nach sollen sie in das Reich sein vndt woll gahr 0022ihren recours auf Heidelberg zu dero Liebden nemmen 0023möchten. Also haben ihr Mayestät disen eigenen courir 0024abschiken wollen, dero Liebden dahruon nachricht zu geben vndt 0025zu ersuchen, weilen ihr Mayestät höchste person sich hirdurch 0026durch dise leüt so hoch ledirt befindet, nit allein 0027sie auf keine weis in dero protection zu nemmen 0028oder dorten zu leiden oder vohrzulaßen, sondren sie 0029gleich in arest nemmen zu lasen vndt sie hirher 0030ihr Mayestät, mein Keiser, zu liuern. Ich hab die ganzlige 0031zueuersicht zu dero Liebden allezeit gegen ihr Mayestät, mein Keiser, 0032vndt mich bezeigende lieb vndt den großen eifer, 0033so sie in allen gelegenheiten bezeiget haben vohr ihr 0034Mayestät höchste autoritet, welche so hoch offendirt 0035vndt ledirt ist durch dießes vermeßene vndt 0036vnuerantwortliges infames factum, das dero Liebden

0037ihr Mayestät in dißen ihnen so empfintligen casu nit 0038werden aus handen gehen vndt sobalt sie erfahren werden, 0039das dise delinquenten in dero landen, selbige gleich 0040beim kopfnemmen vndt ihr Mayestät überliuern laßen. Bitte auch, 0041dero Liebden wollen sich nit interponiren, vohr selbige dero 0042hochschäz bares vohrwort etwan auf ihr oder der ihrigen 0043vnterdehnigstes ansuchen einzuewenden, dan dero Liebden selbsten so 0044gerecht vnd geloso von ihr Mayestät höchster autoritet, 0045das sie selbst ehnder cooperirn werden, damit sie 0046billiger maßen abgestraffet werden mögen. Vndt ich 0047auch förchte, ihr Mayestät, mein Keiser, wurden es nit woll 0048nemmen, weil es dero eigne person vndt autoritet 0049betriffet. Bitte dero Liebden vmb vergebung, das ich nit 0050auf dero liebste schreiben heündt antworte, mihr seint 0051schpaht herein in vnsere winterquartier ankomen, 0052vndt ich dises hab schreiben müßen, weil villeicht primum 0053in mora sein möchte, vndt dero Liebden werden ihr Mayestät 0054vndt mich dardurch zue so villen obligationen auch 0055durch dise aufs new verbinden, die ich leben vndt 0056sterben werde 0057dero Liebden 0058getrewste schwester 0059Eleonora verte 0060Wien den 14ten octobris 1702

0061Ich bitt mich bey dero gemahlin zuentschuldigen, das heündt 0062nit schreib, ist zu schpaht, werd alles mit nechsten 0063herein bringen vndt iezt in winterquartier fleisigs mich 0064einstellen mit schreiben.

0065Ihr Liebden herr Curfürst zu 0066Pfalz, meiner herzallerlibsten 0067herr brueder