Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1706.08.13
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 45/7
Ausfertigungeigenhändig
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0001Wien den 13 august 00021706 0003Durchleüchtiger Fürst, mein herzallerlibster herr bruder 0004Weilen ich däglich geglaubt, es werde der courir 0005expedirt werden, so hab ich bis daher die beantwortung 0006dero liebsten schreiben vom 5ten, 10ten, 11ten, 25ten junij vnd 20ten passato 0007verschoben, hoffe, dero Liebden werden mihr es nit übel nemmen, 0008den ich auch die angezogne brif fast zugleich bekomen 0009habe. Weilen dan iezt das vohrnemste vnd nötigste 0010negotium die munstrische wahl ist, so mache ich von 0011selbigen den anfang. Erstlich ist mihr sehr leidt zu 0012vernemmen, das dero Liebden in dem wahn seint vndt ihnen 0013ist, zwar mit hoster falscheit, ist vohrgebracht worden, 0014als solte von hir die geheime instruction lauten, das 0015sie nach dem Bischoffen von Osnabrukh Liebden mit posponi- 0016rung vnsers gelibsten brudern, des Deutschmeister Liebden, den Cardinal 0017von Saxen portiren sollen. Nun kan ich dero Liebden das widerschpil
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0018versichern, das der Bischoff von Osnabrukh primo loco vndt bis 0019ans endt bestendig zu portiren befohlen worden, im fall aber iah dazu 0020keine hoffnung, 2o loco der Deütschmeister solle reccomendirt werden, 0021so vern man mit ihm durchzukommen hoffnung sehete. Der 0022Cardinal hatt zwar auch erlaubnus begert, das er con- 0023couriren derfe, welches man ihm auch verlaubt, so weit 0024doch, das dem Bischof nit prejudiciren solte, er, Cardinal, aber 0025von selbsten erkent hat, kein hoffnung zu haben vnd beyzeiten von 0026seiner pretension abgestanden ist, also das vohr ihn kein 0027einziger befehl an die gesanten ergangen ist vnd er es auch 0028gahr nit mehr pretendirn wirt. Den Bischoffen von Paterborn 0029betreffendt werden dero Liebden schon vernommen haben, wie übel er 0030sich in diser sach comportirt vnd gegen sein gegebnes wort 0031nit allein gehandelt, sondren auch dise impfel ohne 0032einzige insinuation oder bitt oder entschuldigung gegen mein 0033gliebsten sohn, den Keiser Mayestät, gedahn hatt, welches dan ihndahin 0034bemüeßiget, ihne die exclusiuam zu geben. Nuhn las ich 0035dero Liebden selbsten erachten, ob nit mit allen krefften zu arbeiten 0036ist, dißes subjectum nit zu dißer dignitet gelangen zu 0037laßen, in deme dißes erzhaus daran einen bestendigen feindt hätte0038vnd consequenter er sich an Frankhreich henken müeste. 0039Neben deme wirt er von Holandt so starkh portirt vndt 0040wider den Keiser offentlich, dah laße ich dero Liebden selbsten vrteilen,
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0041ob es conuenient, vordrist der religion, so dan dem Keiser, 0042dem Reich vnd denen kreißen seye, einen ausschreibenden Fürsten zu 0043haben, welcher von ihnen dependiren wurde, vndt auch für dero Liebden vnd 0044vnser curhauß in particulare dißes ein schlechter vorteil 0045sein wurd. Vndt ist dises ganze werkh dahin angesehen, 0046die geborne fürsten zu excludiren, dah doch das gemeine 0047vndt vodrist der religion besten erfördert, das es einer 0048von einer solchen nascita vndt autoritet seye, der das gemein 0049weßen besten mit nachdrukh befördern möge, vndt last mans 0050dismahl dazu kommen, so werden die geborne fürsten nimer 0051mehr hoffnung dazu haben können, welches auch vnsern curhaus 0052das gröste prejudicium wehr. Also gelanget abermahl 0053meine an dero Liebden anlegenstlige bitt, dise sach sich eifrigt 0054angelegen sein zu laßen vndt den herrn Bischoff von Osnabrukh 0055Liebden vohr allen andren zue diser diginitet zu verhelfen. 0056Wie ich vernemme, haben dero Liebden etlige vota, so absolute 0057von ihnen dependiren, dise, bitte ich, wollen dero Liebden auf alleweis 0058vohr den Bischoffen von Osnabrukh zu gewinnen suchen, welche es 0059dero Liebden nit abschlagen derfen. Dero Liebden werden sich beim Keiser, 0060disen ganzen haus und den ganzen haus Lottring das gröste meritum 0061machen, vndt weil dero Liebden so vill gütte vohr mich haben, das sie 0062mihr alzeit gern in mein begern wilfahren, so werden sie mich dardurch
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0063aufs newe ihnen höchst verbinden, als wan sie mir selbsten es erwisen 0064hetten. Wegen der Obren Pfalz ist alles in gutten standt vnd wirt 0065mit ehsten zu dero Liebden contento alles eingericht werden, hatt sich 0066auch der hisische preüßsche Gesandte gegen den Wißer sincerirt, alles zu 0067cooperiren, also wirt die sachen gahr leicht gehen vndt recht 0068mit fundament festgestelt werden. Den Nuntij will ich bestes 0069reccomendirn. Wegen Wolfenbüttel wirt der Hertot könftige 0070wochen abreisen, man wirt auch einen Pater schiken, dise liebe 0071sehl zu gewinnen mit rechten fundament vnd übernaturligen0072motiuis. Bitte, dero Liebden wollen den Douuen auch hin schiken, das 0073er den Hertot dorten antreffen möge vnd so dan mit 0074ihm weiters reisen solle. dero Liebden Er, Hertot, hatt auch ordre, 0075wan dero Liebden ihn verlangen, auf Düßeldorf zu gehen und alle 0076relation abzustatten, also wollen dero Liebden ihn durch den Douuen befehlen, 0077das er solle zu ihnen kommen, so wirt er sein schuldikeit 0078ablegen. Der Arrenberg ihren sohn werd reccomendiren, auch wegen 0079ihre person dem Konig schreiben, welcher in disen fall resoluiren 0080mueß. Das meiste wirt sein, das sie noch etwas jung ist. 0081Vnsers bruder Carl reis dreib ich, so vill ich kan, es mangelt halt 0082überall am gelt. Wegen der sulsbachischen kinder, wans dero Liebden nuhr 0083einmahl zu sich nemen, konnens den sohn schon darnach auf ein 0084accademie schiken, der alte gibt nit so vill her, das er konte hin kommen, 0085das madl könt bein vrsolinen bleiben, doch alles ohne masgebung. Due 0086mich dero Liebden befehlen, lebe vnd sterbe 0087dero Liebden 0088getrewste schwester 0089Eleonora