Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1697.04.03
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten blau, 44/7
Ausfertigungeigenhändig
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0001 3 aprilis 970002Durchleüchtiger Curfürst, mein herzallerliebster herr bruder 0003Ich hab dero liebste schreiben vom 24ten, 28ten passato, 3ten, zwey vom 6ten und00047ten, alle in ein dag empfangen durch den courir Heüsner, 0005eins vom 10ten dis, eins aus der canzley, dies eigenhendig. 0006Frewet mich vohr allem, dero Liebden gutte gesuntheit zu 0007vernemen vndt das der Grav Sinzendorf ihnen 0008contento in seiner aufgedragen comission, den heirats 0009tractaten beyzuewohnen, gegeben, in übrigen mich in 0010diser materi bezieh auf das, was dero Liebden vom Grav 0011Kinski vndt vordrist von ihr Mayestät, mein Keiser, schreiben vernemen 0012werden. Ich werd alzeit ein freüdt haben, wan dero Liebden
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0013in etwaß werde dienen können, wie ich dan auch die 0014sachen wegen der subsidien bestens reccomendir vndt 0015ihr Mayestät auch duen, was möglich ist. Im übrigen werden 0016dero Liebden schon mein antwort empfangen haben auf 0017dero proposition wegen der Madmoiselle, 0018warbey es sein verbleiben hatt, dan man hatt woll 0019gesehn aus dem, was die franzosen um- 0020gedrähte vnwarheiten eben in diser hei0021ratssach auf den tapi gebracht. Sie0022werden freilich alles ver0023sprechen, aber wer wird garant0024sein, sie werden pur nichts 0025halten, vndt über das kämen mir0026in ein schöne freuntschaft, 0027die unseren hauseren ein 0028schonen flek anhenkete. Ihr0029bruder hat des Königs natü 0030rlich dochter, das wär ein0031liebe schwagerin. Dise sach mues0032man schon gott befehlen, ich sehe freilich vohr, das die
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0033fridenssach kein guets 0034end wird nemmen, mit 0035disem wehr nichts geholfen vndt nichts zu 0036erwarten als bedrug. Wegen Dennmark, so0037wollen den Pater dort lassen, bis ein0038anderer von hier zuTiberius0039kommen wirt, so sie an sein 0040stat schiken konnen, aber ich0041wünschte nit, das er von0042hero auf die entlige0043resolution so stark dri0044ngen sollte, bis der Pater von hi0045raus wirt kommen, welches baldt 0046geschehen wirt. Man sagt zwar hier, sie0047hab schon ein abschlägli0048ge antwort geben, ich glaubs aber 0049nit, bis ichs von dero Liebden vernemmen werde. 0050Was anbelangt den vohrschlag, das mein sohn hier ins
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0051feldt gehen solle, zue dem ist die zeit alzueser 0052auancirt, das man die noturften nit dazu 0053einrichten könte vndt auch gahr nit scheinet 0054leider, das möglich se0055y einige haubtoperatio 0056n vorzunemmen. Wegens Kauniz meinen 0057ihr Mayestät, er werd iezt nit abkommen können, 0058dan in seiner abweßenheit oder aufhaltung 0059vill, iah das totum möchte verderben. Wegen des Naßau, 0060werd in ihr Mayestät recomendiren, weil hie aber 0061die sachen was langsamb her gehn, weis ich nit, 0062ob die resolution wirt noch mit dem curir 0063ablaufen können. Die kreis sach werde ihr Mayestät auch 0064eifrigst reccomendirn. Des Grav von Eltern abschikung 0065dun ihr Mayestät nit inprobiren, vndt ist ihm 0066darbey kein ander instruction zu geben, als 0067das er in allem mit dem Grav von Harrach,
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0068Obristen Stallmeister, solle d'accordo gehen 0069vndt ohne seinem vohrwißen vndt aprobation 0070nichts negotiren. Wegen des Manderscheidt, so kan 0071dero Liebden nit verhalten, das ich ihr Mayestät schon vohrher den 0072von Siking, so ich allezeit vohr vnser cuhrhaus 0073absonderlich deuot gefunden, reccommendirt 0074hab, doch werd ihr Mayestät dero Liebden schreiben übergeben, ihr Mayestät werden 0075hernach resoluirn, was sie zum besten werden 0076befinden. Wegen des Landgrauen ist ein geistliger 0077von ihm hier gewest, welcher schon mit aller 0078satisfaction expedirt worden ist. Es scheindt 0079aber, die wahrheit zu bekennen, ein schlechte 0080vocation, wan man wegen einer kleinen mora 0081in einer solchen sach, so die ewichkeit vndt 0082die sehl betrift, so leicht vmbsattlen 0083wolte. Was den Hamilton betrift, will ich, 0084weil es dero Liebden so verlangen, könftig daruon
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0085abstrahiren, wie woll meines wehnigsten erachtens 0086dero Liebden ihme beßer in sein torto hetten sezen konnen, 0087wan sie auf sein vnterdehnigstes begern dasienige durch 0088mich im hetten comuniciren mögen, was er selbst 0089begertt solle haben zue assupirn. Das dero Liebden ihne der 0090dienst entlaßen, darwider kan niemandt nichts 0091sagen, den kein herr ist schuldich, ein diener 0092langer zue behalten, als ihm gelegen, aber 0093das duet gleichwoll ein ieder monarch, wann 0094es aus der vhrsach eines verbrechens oder 0095strafe deßen geschicht, duen sie ihnen selbiger 0096iuritisch überweisen laßen, in sonderheit, wan er es selbst begert, sonsten geschiht den 0097disgratirten hart. Dis ist das lezte, was ich 0098in diser materi schreib, vndt in mein gewißen 0099aus der lieb, so ich zu dero Liebden reputation hab, 0100vermeindt hab, schuldich zue sein zu schreiben. Dero Liebden aber 0101werden selbst zum besten wißen, was darin zue duen
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0102wirt sein. Ich wüntsche dero Liebden glükhlige feirdag 0103vndt alles, was sie selber verlangen, vndt 0104werde sterben 0105dero Liebden 0106getrewste schwester 0107Eleonora 0108Wien den 3 aprill 16970109Wüntsch dero Liebden auch vill glükh zu dero geburz 0110dag, das sie noch vill in aller gesuntheit 0111erleben mögen. In der polnischen sach wirt nichts 0112vnterlaßen werden, dan es ihr Mayestät, meines Keisers, 0113eigene couenienz, wan der Prinz Jacob nit wurd 0114können dazue kommen, wozu die hoffnung noch 0115nit gehr verlohren, das gleich woll einer von dero 0116creaturn size. Dem Ballarini haben ihr Mayestät gern 0117erlaubt, hoffen aber, gegen dero geburz dag werd er 0118wider konnen hier sein. An disen brif hab 14 0119dag geschriben, so gahr hatt eins kein zeit izt wegen der 0120kirch fonction.