Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg an Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, Wien am 1695.12.17

Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Geheimes Hausarchiv, Korrespondenzakten

Ausfertigungeigenhändig

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00011 decembris 950002Durchleüchtiger Cuhrfürst, mein herzallerlibster herr bruder 0003Schem mich recht, das so lang auf alle 0004dero liebste schreiben nit geantwort hab. Es ist 0005mihr einmahl vnmöglich gewest, auch hatt 0006mihr das abgeschmachte hollachische weßen im kopf, 0007das ich offt nit weis, woh er mihr steht, auch 0008ein kleiner cattar darbey hatt mier ihn noch 0009dummer gemacht. In deßen werden dero Liebden von ihr Durchlaucht, 0010meiner geliebsten fraw mutter, etlige sachen vernommen haben 0011als wegen des Hamiltons, warumb ihn so 0012lang aufgehalten, wegen vetter Pfilipp von Sulsbach 0013vnd den Herzoch von Saxen, auf welchs mich bezie. 0014Iezt aber, weil die Hamilten wider beßer, so hatt 0015er wech gewolt, ihr Mayestät aber haben vohr gutt gehalten,


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0016auch ein instruction in ihr Mayestät nahmen in der 0017holachischen sach so woll an mein bruder Carl selbst, 0018als an Cuhr Meins vndt den alten Holach selbst 0019mit zwgeben, welches aber lengst in 2 dag oder 3 0020wirt vertig sein, in welchem er dero Liebden alles berichten 0021wirt, was hierin hier gedahn, mich also bezie auf 0022das, was er hirin dero Liebden hinderbringen wirt, vndt auch, 0023was ihr Mayestät meinen, das weiters zue duen sey. 0024In der haubtsach erwarten wir, was der Wi0025ser brengen wirt, wie wohl ich 0026förchte, das es nit ohne supiciones ablaufen 0027wirt, weil so leüt sein, die dero Liebden in verda0028cht, Tiberius wolle zu einem parti0029cularfriden helfen, ob wollen vnrecht 0030geschicht. Pater Wiser betreffent, 0031so ich hab ich ein brif bekommen, das mihr 0032schreiben, der Stigler werd pald hi0033er sein mit aller nachricht, welches zu 0034erwarten aber nötig, das er den pretextvorgibt, 0035die Hammilton zue besuchen. Ich will ihn0036darnach durch sie schon wißen laßen, wie er zu mi0037r sol kummen, sonst mus er kein audi


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0038ens begeren. Was er von dem Urbi0039ch meldet, so geschicht dem Hammilton und Sch0040ellerer in disem unrecht, und0041ist es nuhr ein intrigue von dem Urbich sel0042bst, welches ein ganze histori vnd gahr zue lang zu 0043schreiben, werd es aber zue seiner zeit durch iemandt 0044müntlich berichten. Ich hab es auch dem Pater Wiser0045wißen laßen zue seiner nachricht, vndt wirt dise 0046sach nichts hindern, dan der guette mensch pur nichts 0047ist innen worden, als was er ihm selbsten imaginirt 0048hatt, dan alles, was mit ihm gerett worden, mit mein 0049vohrwißen ist geschen, vndt hatt geheischen, wasch mihr 0050den pels, mach mir in nit naß. Was den Prinz Don Gaston 0051Gaston betrift, kan ich dero Liebden nichts anderst schreiben, als ich 0052schon gedahn hab, vndt hoffe ich, dero Liebden werden auch bey 0053dißem bleiben, das sie mihr schon ein mahl geschriben, 0054nemlich das sie nit verlangen, das ihr Mayestät 0055vndt ich vnser gegebenes wort dem Landgraf 0056Görch brechen sollen. Mit Modena ist es ganz ein 0057anderer casus, dan erstlich mein schwester sich 0058absolute declarirt hatt, s das sie den Herzoch von 0059Modena sich nit köne resoluiren zu nemmen, sondern 0060ihr intention allein vohr den von Parma sey, andertes


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0061der Herzoch von Modena sich gleichfals erklärt, iah 0062selbst ihr Mayestät vndt mich ersuechen laßen, meiner fraw schwester 0063die dispens auszuebringen, vndt ist von seiner 0064pretention abgestanden. Alsdan haben mihr darzu 0065condessendirt vndt nit ehender, sondern ich meiner 0066fraw schwester clar geschriben, das ihr Mayestät mit dem 0067Herzoch von Modena impegnirt wehren vndt zu der 0068anderen heirat nit helfen noch die dispens solicitiren 0069wurden, fals nit der Herzoch von Modena von seiner 0070pretension abstehn wurde. Hier aber hatt noch mein 0071schwegerin gahr kein abschläglige antwort vohr 0072den Landgrauen geben, sondern noch fast mehr von 0073ihm als von kein andren anhören mögen, im gleichen ist0074der Landgrau auch mit der versicherung von ihr 0075Mayestät vndt mihr abgereist, das mihr vohr ihne 0076gern vns bestens interponiren werden, also diser 0077impegno vndt gegebenes wort auf keiner seiten 0078von vns ist aufgelöst. Sie ist aber kein pupillin, 0079vndt ihr Mayestät werden sie nit zwingen, also sich 0080disfals so über eins vnd anders erkundigen 0081müesten, eeh sie einige andere gedanken oder resolution nemmen 0082könten. Ich weis, das dero Liebden vndt mein fraw schwegerin,


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0083im gleichen der Grosherzoch Liebden vndt Prinz Don Gaston selbst so 0084generos sein, das sie nichts anders von ihr 0085Mayestät, mein Keiser, begehren werden, welche sonsten 0086selbiges haus überaus estimiren vndt ihnen 0087in allen gelegenheiten gern alle propension 0088erzeigen, woh es nit widerdero keiserliges gegebens 0089wort, welches heilich ist, einlauffet. Dero troupen 0090betreffendt, haben ihr Mayestät ihr eüseristes gedahn 0091vndt dero Liebden vom Grav Hamilton disfals schon bericht 0092empfangen haben, zweiffle auch nit daran, dero Liebden 0093werden sich darmit contentiren vndt bedenken 0094den standt, in welchem mihr seindt, in sonderheit 0095wegen des türk, das woll zu besorgen, dass ehr ein großen 0096vndt eüßeristen effort duen werde. Dero generositet, 0097lieb zur cristenheit, religion vndt dem gemeinen 0098weßen wirt ihnen auch machen einigen effort zu deßen 0099besten duen, ich aber werde sterben 0100dero Liebden 0101getrewste schwester 0102Eleonora 0103Wien den 17ten decembris 1695 0104Hiebey kombt des herrn von Niedorf brif zurukh, 0105die andren beylagen in der holachisch sach hab verbrendt in meinung, 0106dero Liebden hetten nit mehr vonöten.