Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg an Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg, Düsseldorf am 1695.06.09
Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Geheimes Hausarchiv, Korrespondenzakten 1147
Bezieht sich auf seine letzten Schreiben und auf den Pater Wiser, insbesondere, was die Schwierigkeiten des Großherzogs von Toskana mit einigen willkürlichen (kaiserlichen) Ministern sowie die Heirat des Prinzen Gian Gastone von Toskana angeht. Bittet für beide um Protektion; dadurch wird deren Haus für immer dem Erzhaus verpflichtet sein. – Ersucht neuerlich um eine kaiserliche Entscheidung für den Oberrheinischen Kreis, die Truppenwerbung, JWs Subsidien und die dänische Heiratssache . – Erwartet auch den kaiserlichen Befehl, wie er Frankreich antworten soll, falls eine Heirat vorgeschlagen wird. – Befürchtet aus mehreren Gründen, dass England und Holland einen Sonderfrieden mit Frankreich schließen könnten. – Bittet um Übersendung von Opobalsam und, wenn möglich, des Rezepts für den Balsam der Pandolfinin . – Bittet, Bruder Karl zur Abreise zu drängen.
00019. junij 95 0002copia 0003Allerdurchleuchtigste etc. 0004Ich will der gänzlichen hoffnung leben, es 0005werden ewer kayserliche Mayestät meine leztere aller- 0006vnterthänigste berichtere zu recht gnädigst erhalten 0007haben, vnd darab ein allergnädigstes vergnügen 0008geschöpffet, darauff mich dann, mit dero gnädigster 0009erlaubnuß, kurze halber allervnterthänigst bezihe, 0010wie auch auf daßjenige, so ich heut dem 0011Pater Wiser auffgeben ewer kayserlichen Mayestät in 0012meinem nahmen mit allem tieffstem 0013respect vorzutragen, absonderlich die mit 0014dem herrn Großherzogen von Toscana, ihro 0015kayserlichen Mayestät zue geben, jüngst verglichene geldere, 0016vnd deß liebsten Prencipe Giovanni Gio Gastone ver- 0017mählung betreffendt, auff welche, so viel das 0018erstere anlanget, ich gehorsambst nicht bergen 0019kan, daß dem gueten herren, nichts mehrers 0020schmerzet (dann die noch weitere desiderir- 0021ende summ, in sich eben nicht von der 0022grösten importanz) alß daß er siehet, 0023daß, nachdemahlen er so klar vnd deutlich 0024der gelder halber gehandlet, man aniezo 0025sich an den contractum nicht binden, sondern 0026wegen einigen irrigen auffgrets ex 0027parte ministerii fast schimpflich mit ihme 0028chicaniren will, auf welche weise er dauor
0029halltet, daß man ins künfftig nimmermehr 0030tractiren könne, wann man, alle augenblickh 0031waß contrahiert worden, wider über ein 0032hauffen werffen will; es lamentiert deß- 0033wegen der gueter herr nicht wenig, in denen 0034so wohl an mich, alß auch ahn meine herzaller- 0035liebste gemahlin, abgelassene aigenhändige 0036schreiben, vnd nimbt, wie billigst seinen einzigen 0037recursum zu ewer kayserlichen Mayestät mächtigsten pro- 0038tection, welche hoffentlich nimmermehr zu geben 0039werden, daß diser so lieber herr auff einige 0040weise betrubt, oder praegrauiret werde, 0041absonderlich in einer so klahren sach, die der 0042Pater Wiser ewer kayserlichen Mayestät weitläuffiger allervnterthänigst 0043vortragen wirt, considiret auch völlig 0044in ihro Mayestät meines allergnädigsten Kaysers 0045vnd herren höchste vnuergleichliche clemenz 0046vnd aequanimitet, sie werden jah nimmermehr 0047zue geben, daß demselben ein solcher torto wider- 0048fahre, vnd daß wann man es in vnterthänigstem 0049vertrawen zwischen vnß in perse sagen darff, 0050daß purem vertrawen capriccio ainiger 0051ministrorum zulasse. Gleiche beschaffenheit hatt es 0052auch mit deß Prencipe Giovanni Gastone heyrath, 0053derentwegen ich mich völlig auff den Pater 0054Wiser beziehe, ewer kayserlichen Mayestät allervnterthänigst 0055sambt meiner herzallerliebsten gemahlin 0056bittendt, dieselbe allergnädigst geruhen wollen,
0057dero angebohrner vnuergleichlicher clemenz nach, 0058hierinfahls den liebsten herrn möglichst zue pro- 0059tegiren, dieselbe versicherendt, daß ewer kayserliche Mayestät 0060hiedurch disen herrn vnd sein ganzes haus 0061indissolubiliter sich vnd dem hohen erz- 0062hause auff ewig beständigst vinculiren, vnd 0063ganz von deroselben allem dependierende 0064creaturen sich erwerben, ich aber vnd meine 0065allerliebste Churfürstin werden die tage lebens 0066mit vnßern trewisten diensten dise so hohe gnaden 0067zue demerieren vnß eusserist angelegen sein 0068lassen. Sonsten habe ich ewer kayserliche Mayestät 0069wegen meiner übrigen anligenheiten, ab- 0070sonderlich den oberrheinischen creyß, sodann 0071die werbung vnd subsidien, wie auch den Rummel 0072vnd den danischen heirath hiemit 0073allervnterthänigst nochmahln recommendiern wollen 0074vnd erwarte darüber allergnädigste resolution 0075vnd weiteren befehl, wie auch in puncto 0076pacis, in specie waß ich wegen der etwahe 0077proponierende heiraht andtwor0078ten solle. Vnd kan ich nicht vmbhin, ewer kayserlichen 0079Mayestät allervnterthänigst zu berichten, wie das 0080Tiberius befürchtet das Engelandt und Ho0081llandt ehestens einen particular0082frieden mit Franckhreich machen0083werden vnd zwarn auß folgenden vrsachen,
0084Primo werden beyderseits id est in Engell- 0085vnd Hollandt landes kriegs leit ist. 0086Secundo, weilen aus Franckhreich0087vnd anderwerts verlauttet, das die0088alliierte auff obige beyde deutendt, 0089wegen Strasburg und Luzenburg nur d0090eswegen darauff tringen theten,weillen s0091ie nur ein aequivalent dagegen begehrten. 0092Tertio ist weltkundig das zue anfangs dises 0093jahrß alß die franzosen zue Mastricht0094waren, keiner von allen allyrten im convent 0095im Haag von einigem equivalendt0096gesprochen als eben Engel und Hollandt.0097Quarto ist mir die nachricht nicht allein aus 0098hiesiger nachbarschafft sondern gar aus Italien 0099von Rom auch hier zu Mastricht durch ein s0100chreiben vom Hertzog von Holstein0101ahn den daheselbstigen commendanten in 0102di kurzem zue disen terminis vngefahr abgangen, 0103daß man nurmehro in kurzem zuverlässig 0104einen frieden gewiß haben würde. Dahin zu 0105kombt quinto daß ex parte Franckre0106ich etwas kalt in materia pacis vnd 0107nicht mehr mit solchem impresseme0108nt darauf getrieben wirt als vor we0109nig wochen, iah gar eine zeithero alles um d' A0110rchurt still ist, ich will nichts sagen, daß in
0111Engellandt und Hollandt, die gelder vnd 0112mittlen dergestalten beygehen, daß sie nicht 0113allein dieß jahr in der see vil schwächer als 0114jemahlen erscheinen und kleinen keine matrosen 0115noch soldaten mehr haben können, sondern auch die 0116gemüther dergestalten kleinmüetig sein, daß es 0117nicht zu beschreiben. Habe es also vnterthänigst 0118zu berichten vor höchstnötig erachtet, damit 0119ihre Mayestät mein Kayser in zeiten disem beuor- 0120stehenden grossen übel vnd praejudiz in zeiten 0121vorbeigen vnd dero mesures nehmen mögen, 0122dann einmahl ohne Straßburg und Lüzenburg 0123auch gantz Lottringen ist kein sicherheit zue 0124hoffen, vnd seind alle aequivalenten gefährlich, erwarte 0125also hierüber dero schleunigsten gedencken gnädigsten 0126befelh vnd zwarn in Hollandt, allwohin heut über 0127acht tag, nächst der gnade gottes, die reyse vn- 0128fehlbar zue wasser fortgesezet wirt. Falß also 0129mein brueder will, so kan er vnß sicher daselbsten 0130noch finden. Schließlichen allergnädigste fraw 0131habe ich dieselbe allervnterthänigst bitten wollen, 0132etwas opobalsami veri nur zu meiner 0133gesundtheit in gnaden zu überschickhen, wie 0134auch wann es möglich ist vom balsamo von 0135der Pandolfinin, welche ihro Mayestät dem Kayser 0136das recept dauon gegeben. Könte ich das 0137recept auch mit bekommen, alß vmb welches
0138ich allervnterthänigst bitte, wehre die gnad 0139grösser, verlangen herentgegen ewer kayserliche Mayestät 0140eintweder eine tincturam martis, oder veneris, 0141oder corallarum, solle radicitus respectiue 0142extrahiert oder zernichtiget werden, vnd das 0143ohne einiges daß geringstes coreosif, so haben 0144dieselbe mit mir gnädigst zue disponieren, womit 0145schliesse, vnd bitte meinen bruedern Carl doch 0146schleünigist zue befürdern, der ich stetshin 0147in vnueränderlicher deuotion lebe und 0148sterbe. Düßeldorff den 9ten junij 1695. 0149Ahn 0150ihre kayserliche Mayestät die römische Kayserin 0151von 0152ihro churfürstlichen Durchlaucht zu Pfalz also abgangen





