Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg an Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg, Den Haag am 1695.07.06

Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Geheimes Hausarchiv, Korrespondenzakten 1147

AbschriftSchreiber

Ist sehr zufrieden, dass sein Angebot für die Entsendung eines Regiments nach Ungarn angenommen wurde und hat bereits Befehl zum Abmarsch erteilt, den Oberbefehl aber für diesmal nicht seinem Bruder (Franz Ludwig ), sondern dessen Obersten gegeben. Wird desto eifriger die Anwerbung des neuen Regiments betreiben; falls ein weiteres seiner Regimenter vom Oberrhein für Ungarn gewünscht wird, bittet JW, möglichst rasch jemand mit den nötigen Informationen und Vollmachten zu ihm zu schicken. – Dankt für die kaiserliche Unterstützung von Landgraf Philipp. – Wegen des Schreibens des Grafen Sigismund ist alles gut gegangen. – Dankt wegen der Subsidien und dafür, dass der Kaiserhof die Grafen Vehlen und d’Autel protegieren will. – Wiederholt seine Bitte wegen der florentinischen Gelder, da gewiss die schriftlichen Eingaben des Grafen Windischgrätz und des Montauti den Ausschlag geben werden. – Wiederholt seine Bitte wegen der Heirat des Schwagers Prinz Gian Gastone von Toskana, falls Bruder Karl (Philipp) die Schwägerin nicht heiraten will. – Wird den Schellerer gerne anhören, sieht aber nicht, wie dieser sich angesichts seiner eigenhändigen Schreiben rechtfertigen will. – Erwartet stündlich Antwort vom Veyder. Hat aus dem Kabinett des Königs Informationen, die er ebenso wie eine Analyse des Tiberius (JW) beilegt; größte Vorsicht für das Reich ist geboten. – Legt ein Projekt für die dänische Heirat bei und wird seinen Oberkämmerer Graf Hamilton in dieser Sache von Amsterdam nach Wien schicken. – Dankt für den Opobalsam und das Rezept des anderen Balsams; sendet seinerseits eine Tinktur und bietet an, zwei Rezepte Pater Emmerichs zu schicken.

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00016. julij 95 0002copia 0003Allerdurchleuchtigiste, großmächtigiste etc. 0004Ewer kayserlichen Mayestät allergnädigstes hanndtbriefflein vom 24ten junij 0005jüngst, habe ich mit tieffestem vnterthänigstem respect zuerecht 0006gehorsambist erhallten. So vil zueforderist daß regi- 0007ment belanget, khan ich nit gnugsamb meine consolation 0008beschreiben, welche ich ab so gnädigster agradierung meiner, auß 0009auffrichtigister devotion, vnd recht devotistem herzen her- 0010rüehrender vnterthänigster offerta empfunden. Ich habe 0011eben mit diesem abgesenden courrier die schleünigiste an- 0012marchirung desselben befohlen, obwohlen ich in sorgen stehe, es 0013werde danoch zue spath kommen. Eß werden mir aber ewer 0014kayserliche Mayestät vor diß mahl allergnädigst erlauben, daß ich daß- 0015selbe nit vnter meines bruders commando, sondern mit seinem 0016Obristen hinab in Hungahrn schickhe, ich werde in anwerbung 0017deß neüen regiments so vil eufferiger vnd fleißiger 0018sein, über welches alßdan ewer kayserliche Mayestät dero gnädigsten 0019belieben, mit conferierung deßelben disponiren können, 0020bitte nur allervnterthänigst, daß anjezo hinein schickhende 0021vnter seines jezigen Obristen commando allergnädigst zue- 0022lassen, welches ich alß eine mir selbsten widerfahrende 0023hohe kayserliche gnade mit vnaußgesetzter treü zue erkhennen 0024nicht vnterlaße. Solten aber ewer kayserliche Mayestät auff 0025künfftige campagne meine übrige am oberen Rhein 0026stehende 4 regimenter cavallerie nebst diesem 0027in Vngahrn verlangen, so bitte vnterthänigst wie eher, 0028wie beßer etwahe einen zue mir zueschickhen mit gnugsammer


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0029instruction vnd vollmacht, damit ich in zeiten der recroutier- 0030vnd montierung, auch anderer notturfften halber die 0031zeitliche behorliche veranstalltung machen können, damit 0032ihro kayserliche Mayestät bedient seyen, vnd ich ehre dauon tragen 0033möge. Vnterdessen lebe ich der vnterthänigsten hoffnung, ewer 0034kayserliche Mayestät werden diese meine allergehorsambste, vnd 0035einständigiste deprecierung in ansehung der übrigen 0036offerten, auch daß ich nit andersten zue thuen vermag, 0037vor dießmahl mir nicht in vngnaden vermerckhen. 0038So vil den Landtgraffen Philippß anlanget, erstatte 0039ich an statt seiner allervnterthänigsten danckh, daß ewer 0040kayserliche Mayestät denselben sich wollen bestens recommendiert 0041sein laßen, dan durch und mit dero mächtigisten protection 0042ist ihme völlig allein geholffen. Wegen des fehlers mit 0043deß Graff Sigißmundt schreiben, ist schon alles gantz guet 0044abgangen, vnd thue mich derohalben auff meine vorige 0045mit ewer kayserlichen Mayestät allergnädigsten erlaubnuß beziehen. 0046Wegen der subsidien erstatte vor dero so gnädigste vorsorge 0047allervnterthänigsten danckh, vnd bitte dem Teütschmaister 0048nur rechtschaffen anzuemahnen, damit sye fleissig 0049beygetriben werden, wie nicht weniger, daß mir vor 0050daß jahr 96 die gnädigste assignationes mögen ehistens 0051außgefertiget werden, vnd mir allergnädigst zuegeschickt, 0052damit ich daß gellt in zeiten darauff negotiiren 0053könne. Daß ewer kayserliche Mayestät den d'Autel, so wohl 0054alß den Vehlen sich wollen bestens recommendiert sein lassen,


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0055dauor erstatte ich aller vnterthänigsten dankh, vnd stelle alles 0056ledigklich in dero allergnädigste händen, obwohlen mir eine 0057absonderliche gnade geschehete, fahlß sye baldt diese kayserliche 0058große gnade erhallten könnten. Die florentinische gellter 0059betreffent, zweifflet mir nicht, eß werden der herr Graff 0060von Windischgrätz sowohl, alß auch der Montauti derent- 0061halber etwas schrifftliches auff gesetzt, vnd recessiert haben, 0062so dem werckh gleich den außschlag geben wirdt, thue also 0063mein voriges anhero in vnterthänigkeit widerhollen, vnd 0064ewer kayserliche Mayestät allervnterthänigst bitten, den gueten herren 0065Großherzogen in dero mächtigiste protection sowohl hierinnen, 0066alß wegen der heyrath mit dem Prencipe Giovanni Gastone 0067(fahlß mein bruder kheine inclination zue meiner 0068schwägerin hette, wie ich gahr gewiß glaube) zuenemmen 0069vnd meine nach- und nach unwider treibliche vnterthänigst 0070hirinfahlß überschriebene argumenta, vnd rationes 0071recht allergnädigst zue considerieren, vnd demnechst dar- 0072auff allergnädigst zue resolvieren, vnd fahlß etwas könnte 0073mit fundament darauff replicirt werden, so bitte vnter- 0074thänigist mir selbiges allergnädigst zue communiciren, 0075so will ich solche redt- vnd antwohrt darauff geben, daß ihro 0076Mayestät Mayestät gantz zuefriden damit sein werden. 0077Daß der Schellerer wegen der heßischen sachen, vnd dem re- 0078giment gehört, vnd nicht zuforderist condemniert werde,


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0079ist billich, allein will ich gehrn sehen, wie er sich bey vorle- 0080gung seiner aigener handt wirdt excusiren können, 0081vnd an maliz, wie ewer kayserliche Mayestät wohl wissen, wan 0082er will, fehlet eß ihme gantz nicht, vnd noch weniger an 0083seiner doppietta, vnd falschheit, welche ich zeithero 0084wenig mohnaten erneut in facto unterschidtlich erfahren, 0085werde ihme also sein verbrechen, zue seiner verantwohrtung 0086vorhallten lassen, vnd deme nechst statuieren, waß recht ist, 0087vnd er verdienet, nicht zweifflent ewer kayserliche Mayestät werden 0088mir dero mächtigiste hanndt allergnädigst hierin auch bieten. 0089Die haubtsach betreffent, erwahrte ich stündtlich ant- 0090wohrt vom Veider, waß ich aber indessen alhier von 0091gueter hanndt erfahren, so dahin vnmittelbahr aus deß 0092Königß cabinet kommen, kohmmt hiebey zue dem ende, damit 0093ihro kayserliche Mayestät desto besser, vnd schleüniger dero me- 0094sures danach nehmmen mögen, dan eß scheinet einmahl die 0095kertzen brennet hier gewalltig auff den nagel, vnd wo- 0096fern ihro Mayestät nicht baldt- vnd wohl vor sich und das0097Reich sich vohrsehen, förchte ich sehr, 0098die engelander und hollander werden das0099praevenire spihlen, wie dann ewer kayserliche Mayestät aus hie 0100bey ebenfahlß ligender fast weitläuffiger deduction 0101so Tiberius entworffen, vnd nichts alß den wahrhafften 0102gegenwährtigen statum, wie ich denselben bei meiner al- 0103hiesigen gegenwahrt in effectu gefunden, vnd hin- und


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0104wieder bey den hollanderen selbsten in sondirung der0105selben penetriret, auch von anderen glaubwürdig ich selb0106sten vernohmmen, vnd damit gantz übereinschlaget, darinnen 0107claré an füehret, mit mehrerem weitläuffig gnädigst 0108ersehen werden, darauff ich mich dan kürze halber vnter- 0109thänigst beziehe. So vil sonsten den danischen hei0110rath betrifft, gehet daß gnädigst verlangtes pro- 0111jectum zue ihrer kayserliche Mayestät allergnädigsten approbation, 0112vnd correction hiebey, vnd weilen ich keinen besseren zu 0113diesem negotio außzuefüehren weiß, alß eben meinen Obrist 0114Cammerer Graff von Hamilton, welcher ohne dem am besten 0115in dießem negotio informiert, alß habe ich demselben be- 0116fohlen, sich gleich von Ambsterdam auß auff Wien, alß 0117wohe er ohne dem etwas weniges in seinem privato zuethuen, 0118auch alldorten nähere allergnädigste instruction, vnd befehl 0119empfangen khan, sich zuebegeben, vnd von dahe auß directe 0120naher Copenhagen zue raisen, vmb dero allergnädigsten befelche- 0121ren alsdan desto praeciser nach khommen zue können. Ich werde 0122ihme auch eineß, vnd anderes noch mit auff geben nebst 0123einem vnterthänigsten hanndtbriefflein an ewer kayserliche Mayestät. 0124Wegen deß gnädigst überschickten opobalsami, wie auch des 0125anderen, sambt der recept, erstatte ich ewer kayserlichen Mayestät 0126aller vnterthänigsten dankh, vnd kan ich nit gnug beschreiben 0127die freüde, die ich darab habe, so baldt ich nach Düsseldorff 0128khomm, will ich ihn gleich in die arbeit stellen, allein bitt ich aller-


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0129vnterthänigst die in dem hiebey gehenden recept subvigilirte 0130wöhrter, vnd sensum etwaß klährers expliciren zulassen, 0131damit man in der manipulation nicht fehle, vnd recht wisse 0132die zeit, vnd waß vor geschirr eß sein müeße. Herentgegen 0133werden ewer kayserliche Mayestät auß der nebenlag, vnd etlichen 0134wenigen mitkommenden gläßeren mit der tinctur aller- 0135gnädigst ersehen, wie man selbige mit gantz leichter mühe 0136mache, vnd wie fundamental eß die tincturam extrahirt, 0137indeme die ganze corallen nicht allein von aussen, sondern 0138gahr biß in die mitten gantz weiß werden, vnd die farb vnbey 0139bringlich völlig verliehren, vnd ist gantz sicher, vnd inno- 0140cent. So baldt ich wider nach hauß khomme, solle ich nit 0141vnterlassen, ewer kayserlichen Mayestät radicalem solutionem 0142martis per fermentationem sine ullo corrosivo, vnd 0143wie man darauß eine angenehmbe, vnd recht vortreffliche 0144tincturam ziehen solle, wie auch ex venere ebenfahls 0145ohne einzigen corrosivo vnterthänigst zu überschickhen, 0146allein das principaliste ist, daß man einen solchen 0147spiritum vini rectificati hat, welcher, wan er in einem 0148leffel ohngehindert, vnd evaporieret wirdt, nicht die ge- 0149ringste feüchtigkait mehr nach sich lasset, sondern der 0150leffel gantz truckhen bleibe, dieser dienet hernechst nach 0151der resolution dieser dreyen respectivè metallorum, 0152et vegetabilis, zue extraction der tinctur, vnd machet 0153man denselben am besten, vnd geschwindesten auff folgende 0154weiße. Nemblich man nihmbt gueten spiritum


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0155vini, thue denselben in einen kolben, so wohl hoch seye, jahe 0156wie höher, je besser, nimbt eine frische salva venia schweinßblase, 0157leget die faisste seite vnterwahrts, vnd die drockhene 0158oder glatte oberwährts auff den kolben, bindet dieselbe fast 0159zue mit einem spaget, sezet den hellm darauff, vnd 0160verluttiert denselben modo ordinario, legt einen recipienten 0161vor, ebenfahlß wie jetzt gemelldt, verluttiert, sezet es in 0162balneo Mariae mit einem gantz linden feüer, vnd distil- 0163liert eß so langsamb, daß zwischen einem dropffen vnd 0164dem anderen, so in den recipienten gehet, man 40 biß 50 0165mit höchster gelegenheit zehlen khan, vnd continuirt man 0166biß nichts mehr übergehen will, so ist der spiritus fertig, 0167vnd nicht zue verbesseren. Ewer kayserliche Mayestät können 0168sonsten deß secreti halber meinerseits sich gantz ge- 0169sichert hallten, bitte auch diese allergnädigst zue secretieren, 0170vnterdessen wurde ich mich höchstens glücklich schäzen, 0171wan etwas in meinem vermögen, vnd geringen wissen- 0172schafft währe, durch welches ich könnte zuer beständig- 0173ster conservation meines allergnädigsten liebsten Kaysers 0174vnd herren gesundtheit contribuiren, fahlß auch ewer 0175kayserliche Mayestät daß recept von der essentia regia mit, vnd 0176ohne ambra verlangen, haben dieselbe mir gnädigst zuebefehlen, 0177dan ich sye vom Peter Emerich habe, wie auch sein vege- 0178tablie Paracelsi, wie ers genennet, vnd schmeckhet daß 0179erste gewalltig nach oranienblühe, daß andere aber 0180auch gahr lieblich, bitte aller vnterthänigst mir hierinfahls


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0181nach dero gnädigstem belieben, vnd in allem zue befehlen, 0182vmb in der thatt zuebezeigen, daß kheiner mit mehre- 0183rem respect, passion, vnd devotion lebet vnd erster- 0184bet, alß etc. Gravenhaage den 6ten julij 1695 0185An 0186ihre Mayestät die römische Kayserin 0187von 0188ihrer churfürstlichen Durchlaucht zu Pfalz etc 0189aigenhändig also abgangen.