Ausfertigungeigenhändig

Hat Graf Hamilton ohne Skandal um seine Entlassung ansuchen lassen, weil EMT sich seiner angenommen hat, obwohl er sonst alle Härte verdient hätte. – Die Schwägerin (Pfalzgräfin Anna Maria Franziska), die seit zwei Tagen da ist, hat JW unter vier Augen bestätigt, dass sie den Landgrafen Georg von Hessen-Darmstadt keinesfalls heiraten will. Durch Unterstützung ihrer Ehe mit Prinz Gian Gastone von Toskana könnte EMT also den Großherzog (von Toskana) und das ganze Haus dauerhaft an das Kaiserhaus binden; JW und seine Gemahlin erwarten ihre Entscheidung.

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000128 novembris 960002Durchleüchtiger Cuhrfürst, mein herzallerlibster herr bruder 0003Ich hab dero angenehme schreiben vom lezten passato 0004vndt 8ten dis woll empfangen vndt mit freüden 0005dero gutte gesuntheit daraus vernommen, 0006darbey sie der almechtig erhalten wolle. Die reinische 0007sach betreffendt werden dero Liebden durch disen courir 0008ihr Mayestät intention mit merern vernemmen. 0009Es ist mihr leidt zu sehen, das dero Liebden einige 0010diffidenz in den Grauen Goes gesezt, welcher sonst 0011allzeit sowoll als der Cardinal sehliger vohr 0012vnser cuhrhaus sich ein eifrigster vndt 0013partialer diener bezeiget hatt, auch


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0014auch im übrigen alzeit ein erligen, vninteressirten 0015caualier gefunden. Was er etwan in diser sach 0016gedahn, so dero Liebden misfallen, bin ich versichert, das ers 0017in gutter intention gedahn vndt aus verlangen, 0018dero Liebden mit dem Landgrauen widerumb in 0019gutte verstantnus zu sezen. Vndt wirt er anderer 0020seits nit weiniger gedahn haben, dan einer, der 0021frid will machen, mues keiner partei zuelegen, 0022er wurd sonst keinem eben auch nit recht haben 0023geben, vnd derft er auf dise weis bederseits 0024vndankh verdienen, wie es in dergleichen fällen 0025ordinari pflegt zue geschen. Ich bitt, dero Liebden wollen 0026auf ihr Mayestät verlangen sich hinfüro aller dätlich- 0027keiten enthalten, welches hoffentlich auch der herr 0028Landgraue duen wirt, vndt villmehrer gedenken, 0029ein gutte harmoni im Reich zu erhalten, welches 0030mihr besorglich könftige campagne woll 0031werden von nöten haben, sonst wirt nuhr


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0032Frankreich sein conto darbey finden, welcher allem an- 0033sehn nach ein großen effort am Rein duen wirt, 0034gott wolle alles zumb besten schiken. Den Doctor0035betreffendt hab ich ihr Durchlaucht, meiner geliebsten fraw mutter, 0036geschriben, was dero Liebden melden, vndt wan er loß vndt 0037so gutt versorcht ist, wirt man allerseits vrsach 0038haben content zue sein. Den Herzog von Saxen 0039betreffendt, so ist er schon hier ankommen, zeigt 0040eine große deuotion gegen dero Liebden vnd vnser ganz 0041cuhrhaus, dauon er dan vill contestationes gemacht 0042hatt. Ich weis nit, ob der Deütschmeister sich vmb 0043disen cuhr anemmen wirt oder soll, doch mihr 0044dah hart reusiren werden, vndt ob nit villeicht beßer, 0045das mihr allerseits diesem Herzoch von Saxen 0046darzu verhölflich sein dähten, welcher aus erkantnus 0047noch vill mehr deuot wurd sein vndt dero Liebden wären0048gesichert einen gutten nachtbarn zue haben.


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0049Ich will hirüber auch dem Deütschmeister zu 0050schreiben vndt alsdan seine gedanken auch dero Liebden 0051comuniciren. Was die antwort des d' Arcourt betrift, 0052hab ich mihr sie niemahlens anderst eingebilt, 0053als wie sie ist, vndt also klar daraus zu 0054sehn, das dises nuhr ein malitiose erdichtung 0055von ihnen geweßen, dero Liebden vndt mich mit ihr Mayestät, mein 0056Keiser, in diffidenz zu sezen, welcher streich inen 0057aber gottlob nit geraten ist. Hiraus ist aber 0058woll abzue nemmen, das alles, was sie 0059zeigen vndt wolten, war, beßere conditiones machen, 0060das alles nuhr falscheiten vndt bedrug vndt 0061sie es gleich den andren mit noch mehr leysezungen0062comunicirn vndt dardurch suchen diffidenzien 0063vndt trennung vnter den allijrten zu machen, wie 0064sies in Sauoia haben gedahn. Also ihr Mayestät ver- 0065meinen, das sich hirinfals mit ihnen gahr nit ein-


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0066laßen, weil doch alle ihr sachen in malitiosen bedrug 0067stehet. Das, was dero Liebden mihr schiken in der dänischen sach, 0068finde ich, das nichts anderst als das alte 0069liedel, das sie dem Pater Wißer gesungen, vndt 0070scheinet schier daraus, das wan sie auch entlich 0071catolisch wurd, villeicht nuhr ein fictio heraus 0072kommen möchte, welches bey innen erlaubt 0073ist, daruohr vns der almechtige behüetten 0074wolle, vndt kan man in dißer sach nit 0075behuetsamb vndt sicher genueg gehn. Ein anders 0076wer, wan das angieng, was dero Liebden im vohrigen gemeld, 0077das etwan der König selbst vnd das ganze haus 0078sich bekeren möchten, dah kunt man woll beßer 0079trawen. Die antwort auf das, was der inuiato 0080hinein geschriben, wirt es zeigen, vndt solte solche 0081auch so auf schraufen gestelt sein, wehre 0082wehnig gutts zu hoffen vndt beßer auf ein


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0083andere zue gedenken, deren sich genuech finden 0084werden, so auch villeicht ohne dem verlangen 0085dragen, ihr sehl zu saluiren vndt vnser allein 0086selichmachenden glauben anzuenemmen, bey 0087Vndt bitt ich, dero Liebden wollen die sach beschleünigen, das man weis, an wem man ist,0088dan ihr Mayestät verlangen mein sohn balt verheirat zue sehen, die succession zu stabiliren.0089welchen man woll sicherer wehre. Bruder Carl betrefent, 0090so wißen dero Liebden, wie schwer es hir mit dem gelt 0091geht, ihr Mayestät duen ohne dem, was sie können, 0092ist ihnen ein mahl vnmöglich alles zu bestieben. 0093Man wirt aber nit saumen, wan man solt sehen, 0094das vohr den Prinzen Jacob gahr kein hoffnung, vohr 0095mein brudern auch bedacht zu sein. Wegen Schpanien 0096ists an dem, das der Grau von Harrach hinein 0097solle, vmb welchs ich fleisig solicitire. Bedanke 0098mich dero Liebden bezeigten vohrsorch vndt das sie mihr der 0099Perlips brif haben comuniciren wollen. Des Degenfelt 0100bericht hab ich gleich der Königin in Portugal 0101hinein geschikt, auf welchs von dort die antwort


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0102erwarte. Meiner fraw schwegrin schreiben betreffendt, 0103wehre vnötig gewesen selbiges zu schiken, vndt 0104seindt mihr hier so kindisch nit als das mihr 0105woll kennen, das, nach dem sie die reis auf 0106Düßeldorf resoluirt, sie schon zueuohren sich der 0107heirat halber wirt resoluirt haben, vmb das0108mehr solches bestettiget, das der Großherzoch vohr 0109den Prinzen vohn ihr Mayestät das incolat in Behmen 0110gleichsam per conditione zue erlegung der gelder, 0111so er zue denen völkern geben solle, begeret. 0112Also ist mihr leidt, das ihr Mayestät vndt meine 0113reccomendationes schon zueschpaht komen wurden, 0114hoffe aber, dero Liebden werden darob sein, das die eh 0115pacta nit gemacht werden ohne dem, das 0116iemandt darbey von ihr Mayestät, mein Keiser, der 0117dero interesse, weilen meiner fraw schwegrin merer 0118gütter in Bemen ligen, möge darbey beobachten.


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0119Im übrigen wüntsche ihnen vill glükh, das sie bede 0120alles vergnügung haben mögen. Den Hohenloh betreffendt, 0121wollen dero Liebden nit übel nemmen, was ich dero Liebden geschriben, dan 0122woll wahr, das bey mein sohn noch vill decreta haben, 0123die nit dienen, aber eben dise haben die decreta 0124schon lang, vndt wehre ihr Mayestät schwehr, die dür, so 0125sie izt verschpert, wider aufzuemachen, weil noch 0126gahr vill pretendenten vmb ein gleiches sein, 0127denen man es nit woll abschlagen könte. 0128Auch so lang er geistlich ist, kann ers gahr 0129nit pretendiren, dan bey mein sohn gahr kein 0130geistliger zum cammerhern ist admitirt worden 0131noch wirt. Werden also hoffentlich dero Liebden es nit übel nemen 0132können noch werden, das man es diesem auch nit dut. 0133Den reichshoffrahtstell betreffendt, ist er schon dar- 0134mit content geweßen, das man ihms geben soll, 0135wan er den weltligen standt anemmen wirt. Der 0136Boineburg ist schon gahr lang, das ers worden ist,


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0137vndt ihr Mayestät haben selbiges mahl stablilirt, das 0138sie nit vohr gutt gefunden, das geistlige mehr 0139hinein kommen sollen, vndt wan er doch ohne 0140dem den geistligen standt ablegen wirt, so ligt 0141ihm iah niks dran, ob es so lang verschoben werde, 0142dan es ihm iah sicher ist. Ich hoff, dero Liebden haben 0143beßer meinung von mihr vndt von meiner 0144affection gegen dieselbe, als das ich nit von herzen 0145allezeit dero reccomendationes vohr alles andren 0146mihr wurde angelegen sein laßen, werde aber auch 0147hingegen nit verlangen, das ich etwas mit impor- 0148tunitet solle durch druken, welches ihr Mayestät, mein 0149Keiser, nit zu dero dienst finden. Den Hamilton 0150betreffendt werden dero Liebden zum besten wißen, was dero 0151conuenienz ist, vndt ich mich darein nit mischen 0152will, mueß aber bekennen, das ich die ihme 0153aufgebürte delicta nit so groß noch


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0154fondirt finde, das wan sie ihm comunicirt 0155wurden, er glaublich selbiger sich woll purgiren 0156wurde. Ich wüntsche, das dero Liebden in allem woll bedient 0157werden vndt alle satisfaction mögen haben. Den Balle- 0158rino haben ihr Mayestät gahr gern erlaubt, das er 0159dero Liebden in disen fasching bediene, wünsche, das sie sich 0160woll diuertirn mögen. Ich aber due mich in dero 0161affection befehlen vndt werde sterben 0162dero Liebden 0163getrewste schwester 0164Eleonora 0165Wien den 28ten novembris 1696 0166Ich bitt dero Liebden aufs höchste vmb 0167vergebung, das der Perlips brif nit schik, ich hab in 0168zue den meinigen gelegt, dan sie mihr fast eben dis 0169schreibt, vndt izt kan ich ihn nit finden, förcht, er sey 0170anstatt meins verbrendt, will aber noch beßer 0171suchen, vndt so balt in finde, werde ihn dero Liebden überschiken. 0172Weil dises durch eigen curir geht, so hab mich 0173keiner zifer gebrauchen wollen.